Mega-Tsunami

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Abb. 1 Darstellung der Auswirkungen eines Giga-Tsunamis (Bild aus dem Film: 'Deep Impact')

(bb) Bei so genannten Mega-Tsunamis (Megatsunamis) handelt es sich um Tsunamis, deren Wellenberge bei Annäherung an den Küstenbereich eine Höhe von 100 Metern bei weitem übersteigen, also um höchst außergewöhnliche Naturphänomene. Darüber hinaus ist zu unterscheiden zwischen lokal bzw. regional wirksamen Mega-Tsunamis und den Giga- oder Doomsday-Tsunamis kataklysmischen Ausmaßes mit mehr oder weniger globalen Auswirkungen.


Lokale bzw. regionale Mega-Tsunamis

Als mögliche 'Trigger' eines solchen Mega-Tsunamis werden vulkanische Aktivitäten und Erdbeben mit nachfolgenden Zusammenbrüchen von Bergen oder massiven Erdrutschen im Meer angenommen. So befürchten einige Geologen, dass bei einem Ausbruch des Cumbre Vieja auf der Kanareninsel La Palma, eine Flanke des Berges in den Atlantik rutschen könnte. (Siehe: Stefanie Kriner, Zeitbombe La Palma - Erdrutsch auf der Kanareninsel mit katastrophalen Folgen?)

Allerdings verursachen Erdrutsche nach bisherigen Beobachtungen lediglich Tsunamis von sehr kurzer Wellenlänge, die sich nicht über tausende von Kilometern fortbewegen können, ohne dass ihre Energie absorbiert wird. So kam es infolge der Erdrutsche auf Hawaii - am Mauna Loa (1868) und am Kīlauea (1975) - zwar zu großen lokalen Tsunamis, aber die amerikanische Ostküste und die asiatischen Küsten blieben unbeschadet. [1]

Abb. 2 Der größte bisher bekannte Mega-Tsunami in der Lituya Bay, Alaska, tötete zwei Menschen und hinterließ rund um die Bucht eine Spur der Verwüstung (Foto: Alaska, The Last Frontier)

Der wohl spektakulärste Mega-Tsunami dieser Art ereignete sich im Jahr 1958 in der Lituya Bay, einer T-förmigen Bucht von 11 km Länge und 1.3 km Breite im Glacier Bay National Park an der südlichen Ostküste Alaskas. Am 7. Juli dieses Jahres kam es um 22 Ortszeit an der Fairweather-Bruchline (58.340 N; 136.520 W), die sich nordwestlich der Bucht befindet, zu einem Erdbeben der Stärke 8,3 auf der Richterskala, dessen Epizentrum knapp dreizehn Meilen von Lityua Bay entfernt lag.

Dieses Beben löste in einem Steilhang an der Ostseite der Bucht (dem 'Gilbert Inlet') einen gewaltigen Fels- und Eissturz aus mit einem geschätzten Volumen von 30 x 10⁶ m³ aus. Die herabstürzenden Eis- und Geröllmassen verdrängten das Wasser unterhalb des Gilbert Inlet so schlagartig, das sich ein Wasserberg bis zu ungeheuerlichen 524 Metern Höhe auftürmte, der das gegenüberliegenden Bergufer mit voller Wucht traf und an ihm emporschlug. [2]

Dieses Monstrum stürzte zwar sofort wieder in sich zusammen, aber der Folge-Tsunami, welcher nun in Richtung Meer die Bucht entlang donnerte, war noch immer mehr als beeindruckend - und von tödlicher Gewalt: "Augenzeugenberichte der unglücklichen Segler, die zum Übernachten in der Bucht vor Anker gegangen waren, besagen, dass die Welle [...] in der Nähe des Kopfendes der Bucht noch mindestens 100 Fuß hoch war. Zwei dieser Segler wurden von der Welle getötet, die sich ihren Weg ins offene Wasser [zum Meer hin] bahnte, die übrigen überlebten unglaublicherweise. Der Tsunami überschwemmte schätzungsweise fünf Qadratmeilen Land entlang der Ufer von Lityua Bay, das Wasser ergoss sich bis zu 3600 Fuß ins Inland hinein [...], und holzte Millionen von Bäumen ab." [3]

Bis zum Ausgang der Bucht, der durch eine Landzunge geschützt ist, hatte sie nichts von ihrer Kraft verloren: "An der Innenseite [der Landzunge] lag ein Fischerboot vor Anker. Die gewaltige Wasserwand riss das Zwölf-Meter Schiff vom Anker, trug es über die Baumwipfel der 137 Meter breiten Landzunge hinweg und warf es, Heck voraus, ins tiefe Wasser." [4]

Abb. 3 Vor wenigen tausend Jahren riß ein Mega-Tsunami auf der Insel Tongatapu diesen tonnenschweren Block aus einem Korallenstock und trug ihn mehr als 100 m mit sich.
(Foto: ScienceNews)

Im Jahr 2008 entdeckten Dr. Matthew J. Hornbach von der University of Texas und sein Team auf der Pazifikinsel Tongatapu Spuren eines Mega-Tsunamis, der im Verlauf der jüngsten zehn Jahrtausende die Tonga-Inseln getroffen haben muss. Dieser Wellenberg war so gewaltig, dass er tonnenschwere Korallenblöcke (Abb. 3) losriß und mehr als hundert Meter weit hinter die Strandlinie beförderte. "Hornbach glaubt, dass der Ausgangspunkt dieses Tsunamis ein unterseeischer Vulkan gewesen sei, der sich im Westen der Insel befindet. [Die Forscher] berichten, dass bathymetrische Untersuchungen dieser Struktur zeigen, dass sie fast bis zur Meeresoberfläche hinauf reicht [...] An der Ostseite dieses großen Vulkan scheint ein Teilgebiet zu fehlen, was Hornbach als das Resultat des Zusammenbruchs einer Flanke interpretiert - d.h. eines gigantischen Erdrutsches beim Kollabieren dieser Flanke des Vulkans." [5]

Zu den weltweit führenden Adressen in Sachen Tsunami-Forschung gehört das Institut für Geographie der Universität Duisburg-Essen, wo man sich seit dem Jahr 2000 mit der Erforschung von 'Paläo-Tsunamis' befasst, also Tsunami-Ereignissen in mehr oder weniger ferner Vergangenheit. Von den Duisburger Wissenschaftlern "wurden auffällige Ablagerungen und Formen im Küstenbereich des westlichen und östlichen Mittelmeeres, von Portugal, zahlreichen Antilleninseln und den Bahamas, deren Entstehung nicht durch Stürme erklärt werden kann, kartiert und mit Hilfe von Proben näher untersucht. Mittlerweile sind in 16 verschiedenen Regionen starke Tsunami der letzten Jahrtausende auf diese Weise neu entdeckt und absolut datiert worden, so für Mallorca für Zeiträume vor fast 500 Jahren und ca. 1400 Jahren oder für Zypern vor ca. 250 bis 300 Jahren." [6]

Der australische Geograph Phil Cummins (Canberra), der den folgenschweren "Weihnachts-Tsunami" (Sumatra-Andaman-Tsunami) [7] des Jahres 2004 (Abb. 3) im Süden des Indischen Ozeans ein paar Monate zuvor prognostiziert hatte, erwartet innerhalb der kommenden 200 Jahre einen tektonisch bedingten Mega-Tsunami im Golf von Bengalen. In dieser Küsten-Region, in der es offenbar bereits am 2. April 1762 zu einem derartigen Ereignis kam, leben derzeit ca. 60 Millionen Menschen, die von dieser Katastrophe betroffen wären. (Nature, 449, S.75) [8]


Impaktbedingte Mega- bzw. Giga-Tsunamis

Abb. 4

Ereignisse dieser Art können allerdings nicht, wie gewöhnliche Tsunamis, durch Erdbeben oder vulkanische Aktivitäten ausgelöst werden (selbst der enorme Ausbruch des Krakatau im Jahr 1883 hat keinen Mega-Tsunami bewirkt), sondern werden nach derzeitigem Erkenntnisstand durch ozeanische Impakte größerer Meteoriten oder Kometen-Fragmente initiiert. Daher bezeichnet man sie auch als "Impakt-Tsunamis" (Zu Ablauf und Folgen eines ozeanischen Impakts siehe: Emilio Spedicato, "Galaktische Begegnungen, APOLLO-Objekte und ATLANTIS", 3. Teil: "Kollisionen von Apollos mit der Erde: kurzfristige Effekte"; sowie: Christian Rother, "Ablauf und Folgen eines Impaktes")

Im Rahmen der Menschheits- und Zivilisationsgeschichte sind Impakt-Ereignisse, die kataklysmische Mega-Tsunamis verursachen, glücklicher Weise sehr selten, doch in erdgeschichtlichem Maßstab ist unser 'Blauer Planet' einem regelrechten Trommelfeuer entsprechend großer Impaktoren ausgesetzt. Da die irdischen Ozeane etwa vier Fünftel der Oberfläche unseres Planeten ausmachen, dürften auch entsprechend viele dieser größeren Einschläge zu Mega-Tsunamis geführt haben, die sich bis vergleichsweise weit in die Erdgeschichte hinein nachweisen lassen. (Siehe z.B. zu einem solchen kataklysmischen Ereignis vor ca. 200 Millionen Jahren: Markus Becker, "Riesen-Tsunami über Deutschland" (Spiegel Online) nach Dr. Hans-Joachim Zillmer)

Hinzu kommt, dass Asteroiden, Kometen und andere Boliden sich (im krassen Gegensatz zu universitären Impaktforschern und Geowissenschaftlern) nicht sonderlich für Statistik interessieren, und so erscheint es gewagt, wenn z.B. bei Wikipedia behauptet wird, derartige Ereignisse würden "im Abstand von mindestens 10.000, wenn nicht Millionen von Jahren [sic!, d. Red:] auftreten." [9]

"In der Geschichte der Menschheit ist kein nicht lokal begrenzter [10] Megatsunami bekannt".


http://www.uni-marburg.de/fb19/personal/wiss_ma/may/tsunami_engl/tsu_intro


Außerdem wird seit einigen Jahren unter Impaktforschern kontrovers diskutiert, ob ein rezenter Meteoriteneinschlag, der den Mahuika-Krater im Meer vor Neuseeland verursacht hat, noch im 15. Jahrhundert (!) einen Mega-Tsunami ausgelöst hat, der auf Stewart Island Ablagerungen bis in eine Höhe von 220 Metern hinterließ. [11]


Externa

Michael Paine (AUSTRALIAN SPACEGUARD SURVEY), "Tsunami from Asteroid/Comet Impacts"

Steven N. Ward, Quicktime Impact Movies (UC Santa Cruz)


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, Stichwort: Megatsunami (Stand: 08.08.09)
  2. Quellen: Lorenz E.A. Scheucher, "Der “Mega-Tsunami“ in Lituya Bay, Alaska, 1958" (ppt-Datei), online unter: geol43.uni-graz.at/07S/650137/vortraege/Lorenz_Scheucher.ppt --- Anonymus, Lituya-Bay Tsunami; im: Survival-Netzwerk --- University of Southern California (USC) tsunami research group, TSUNAMI RESEARCH CENTER, unter: "1958 Lituya Bay Tsunami"
  3. Quelle: University of Southern California (USC) tsunami research group, TSUNAMI RESEARCH CENTER, unter: "Lituya Bay Close Up"
  4. Quelle: Alaska - The Last Frontier, unter: "Alaska - Geologie"
  5. Quelle: Dave Petley (Department of Geography an der Durham University in England), "Volcanic flank collapse and tsunamis" (09. Oktober 2008)
  6. Quelle: idw (Universität Duisburg-Essen): "Kelletat schrieb Abschlussbericht für DFG - Mega-Tsunami schonte Natur", www.uni-protokolle.de - Nachrichten, 27.04.2005
  7. Anmerkung: Bei dem 'Sumatra-Andaman-Tsunami' vom 26.12.04, der ca. 200000 Menschenleben forderte, handelte es sich übrigens - per definitionem - NICHT, wie häufig fälschlicherweise in den Medien behauptet wurde, um einen Mega-Tsunami.
  8. Quelle: Jürgen Langenbach (Die Presse), "Erdkunde: Ein Mega-Tsunami wartet" (PDF-File, 34,65 KB),
  9. Quelle: Wikipedia - Die freie Enzyklopädie, Stichwort: Megatsunami (Stand: 08.08.09)
  10. Zu solchen lokalen bzw. regionalen Mega-Tsunamis siehe etwa: Lorenz E.A. Scheucher, "Der “Mega-Tsunami“ in Lituya Bay, Alaska, 1958" (ppt-Datei), online unter: geol43.uni-graz.at/07S/650137/vortraege/Lorenz_Scheucher.ppt --- oder: AAP, "Mega tsunami likely hit Tonga in past" (September 17, 2008); nach: TVNZ, unter: http://tvnz.co.nz/view/page/536641/2082253
  11. Siehe: BBC, unter: Mega-tsunami: Wave of Destruction (12. Oktober 2000) --- Simon Collins, Expedition hunts giant meteor, nzherald.co.nz (07. Feb. 2004) --- Abbott, D.H., P. Biscaye, J. Cole-Dai, und D. Breger, Evidence from an Ice Core of a Large Impact Circa 1443 A.D., American Geophysical Union, Fall Meeting 2005, abstract #PP31C-05.


Bild-Quelle

(1) Top MOVIES, unter: 20 Movies That Destroy New York

(2) Alaska - The Last Frontier, unter: "Alaska - Geologie"

(3) Sid Perkins, "World’s largest tsunami debris - House-sized boulders were ripped from a reef, then washed 100 meters or more inland", ScienceNews - MAGAZINE OF THE SOCIETY FOR SCIENCE & THE PUBLIC, 08. November 2008; Vol.174 #10 (p. 16)

(4) Olivia Stella, unter: http://oliviastella.com/geo201/img/bolide2.jpg - nach: gamefilia