Ein phönizisches Dokument aus Massachusetts

von unserem Gastautor Reinhard Habeck (2001)

Abb. 1 Der 'Bourne Stone' aus Massachusetts (Foto: © Bourne Historical Society)

Einige Funde lassen darauf schließen, Amerika habe schon lange vor seiner »offiziellen« Entdeckung viele Besucher empfangen, so auch von den Phöniziern. Dieses Seevolk aus der Küstenebene des Libanon und Syriens, auch Phöniker oder Kanaanäer genannt, war um 600 v.Chr. in das babylonische Reich eingegliedert worden. Sie waren tüchtige Seefahrer und errichteten Handelsstützpunkte und Kolonien in Nordafrika und im südlichen Spanien.

Cyrus H. Gordon, ehemaliger Leiter des Instituts für mittelmeerische Studien an der Brandeis Universität, Ladislaus Netto, Direktor des Brasilianischen Nationalmuseums, und Barry Fell von der Universität Harvard stützen die Theorie von dem vorgeschichtlichen Amerikabesuch der Phönizier. Letzterer untersuchte einen 1958 in Bourne, Massachusetts, gefundenen Stein (Abb. 1) und identifizierte ihn als phönizisches Dokument. Er sei von dem karthagischen Seefahrer und Admiral Hanno anlässlich einer Expedition, die er im 5. Jahrhundert v.Chr. nach einer Entdeckungsfahrt entlang der afrikanischen Küste unternommen habe, in Bourne zurückgelassen worden. Die Inschrift lautet: "Hanno ergreift von diesem Ort Besitz".

Samuel Eliot Morison, ebenfalls Gelehrter der Universität Harvard, hält hingegen solche "Entdeckungen" für absurd. Der Historiker Robert Lopez von der Universität Yale ist ähnlicher ablehnender Ansicht und sieht in dem Steinfragment von Bourne eine "offensichtliche Irreführung". Eine Kritik, der sich Frank Cross, Professor für semitische Sprachen an der Universität Harvard, ebenfalls anschließt.

Dennoch existieren etliche andere Fundsachen, die an eine Landung vorchristlicher Seefahrer erinnern, die einst aus dem Mittelmeerraum nach Amerika gelangt waren. So gibt es eine Reihe von Keramiken, die von ihrer Charakteristik her durchaus eine Zuordnung als "phönizisch" erlauben. Ein typisches Exponat dieser Art ist ein in Iximiché in Guatemala gefundenes präkolumbisches Räuchergefäß. Es zeigt ein längliches Gesicht mit semitischen Gesichtszügen, mit der großen, gebogenen Nase , dem Spitzbart und dem Diadem auf der Stirn. Klassische Erkennungsmerkmale für den phönizischen Kulturkreis. Zusammen mit vielen anderen Funden, darunter etliche Inschriften. bezeugt die Plastik eine frühe Anwesenheit der Phönizier auf dem amerikanischen Kontinent. Das ungewöhnliche Artefakt wird heute in Paris aufbewahrt.



Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Reinhard Habeck (©) wurde seinem Buch "Atlantis - Der verschollene Kontinent" (Abb. 4) entnommen (S. 122-123; Auszug aus Kapitel XII, "Kolumbus kam als Letzter"), das 2001 in der Taschenbuchreihe Rätselhafte Phänomene des Tosa-Verlags veröffentlicht wurde. Bei Atlantisforschung.de erscheint er im Juni 2017 mit freundlicher Genehmigung des Autors in einer redaktionell bearbeiteten Online-Fassung.

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