Glozel

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von Tony O’Connell

Abb. 1 Das Tal von Glozel im Département Allier in der Auvergne in Zentralfrankreich, wo 1924 eine der rätselhaftesten und umstrittensten Entdeckungen der modernen Archäologie-Geschichte erfolgte

Glozel ist ein Dorf etwa 20 km von Vichy entfernt in der Mitte Frankreichs. (Abb. 1) Im Jahr 1924 entdeckte Émile Fradin (Abb. 2) (1906-2010) [1], ein damals siebzehnjähriger Junge aus Glozel, eine Reihe von Artefakten, darunter beschriftete Tafeln (Abb. 4) mit einer Schrift, die alten phönizischen Zeichen ähnelt. Einige der Töpferwaren zeigten Tiere, die seit über 10.000 Jahren in der Gegend ausgestorben sind.

Abb. 2 Der junge Emile FRadin in seinem kleinen Privat-Museum

1927 wurde eine Gruppe von Akademikern (Abb. 3) zusammengestellt, um die Echtheit des Fundes zu bewerten. Die Experten entschieden, dass die gesamte Sammlung aus Fälschungen bestehe. Es muss dazu aber daran erinnert werden, dass zu jener Zeit, als auch die Piltdown-Kontroverse ihren Höhepunkt erreichte, jeder renommierte Wissenschaftler sehr vorsichtig war.

Fast fünfzig Jahre vergingen, bis 1975 unter Verwendung einer neuen Datierungsmethode, die als Thermolumineszenz-Datierung bekannt ist, das Alter der Glozel-Objekte für den Bereich von 300 v. Chr. bis 1300 n. Chr. bestätigt wurde, wodurch der damals schon 68-jährige Émile Fradin von jeglichem Verdacht auf Betrug entlastet wurde.

Entdeckungen ähnlicher Objekte wurden an anderen nahe gelegenen Orten gefunden, beispielsweise in Moulin Piat, 2,5 km südlich, in Guerrier, 3 km entfernt am rechten Ufer des Flusses Vareille (einige Stücke befinden sich im Earth Science Museum der Universität Villeurbanne) sowie in Puyraval, 10 km flussaufwärts. [2] In jüngster Zeit wurde in der Nähe von Glozel eine ausgedehnte neolithische Stätte mit einer bemerkenswerten megalithischen Linienführung aus über 100 Steinen entdeckt.

Abb. 3 Ein historisches Gruppenbild (November 1927) der akademischen Kommission, die damals mehrheitlich zu Unrecht entschied, bei den Fundatücken von Glozel handele es sich um moderne Fälschungen: Antonin Morlet, Denis Peyrony, Dorothy Garrod, Joseph Hamal-Nandrin, Robert Forrer, P.-M. Favret und Pedro Bosch Gimpera

Dabei ist die atlantologische Perspektive, dass Glozel Beweise für eine alte kulturelle Entwicklung, einschließlich jener des Schreibens, in diesem Teil Europas zu liefern schien, weit früher als bisher für möglich gehalten. [3] Die anfänglichen Annahmen wurden als mögliche Unterstützung für die von Solon für Atlantis angegebene Datierung von 9600 v. Chr. angesehen.

Abb. 4 Salomon Reinachs Nachzeichnung von vier der Schrifttafeln aus Glozel

Es scheint mir jedoch nicht glaubwürdig, dass 10.000 Jahre alte Inschriften existieren, die den phönizischen Schriften ähneln. Die dazwischen liegenden 8.000 Jahre hätten die Form der Charaktere bis zur Unkenntlichkeit verändert, so wie sich unsere moderne römische Schrift völlig von ihren Vorgängern im östlichen Mittelmeer vor dreitausend Jahren unterscheidet. Die Thermolumineszenz-Tests unterstützen diese Ansicht, aber die Glozel-Schrift hat noch immer Wert als Beispiel für alte Schriften.

Alice Gerard, eine pensionierte Archäologin aus New York, hat das jüngste Jahrzehnt damit verbracht, das Geheimnis der Glozel-Stätte zu untersuchen, und über ihre Bemühungen geschrieben [4], die Echtheit der dortigen Entdeckungen zu überprüfen und die erste Reaktion von Wissenschaftlern zu zerstreuen, die sie zunächst als einen Hoax abgetan haben. [...]

Die ausgezeichnete Webseite Migration & Diffusion enthält ein Papier [5] des Amerikaners Donald B. Buchanan, Sekretär der Epigraphic Society, das eine vorläufige Entschlüsselung der Glozel-Schrift bietet. Paulo Stekel hat auf Buchanans Arbeit aufgebaut und bietet einige eigene Arbeiten an [6] [7]. Eine (französischsprachige) Website für Glozel-Übersetzungsversuche ist ebenfalls verfügbar [8].

Philip Coppens (1971-2012) besprach im Internet [9] und später in seinem Buch The Lost Civilization Enigma [10] die frühen Jahre der Glozel-Debatte, wobei die professionellen Archäologen jener und auch späterer Tage in seinem Bericht nicht gut wegkommen. Während die Evidenzen nunmehr bezeugen, dass kein Betrug durch Fradin im Spiel war, sind noch Fragen offen, die sich auf die unterschiedlichen Datierungen der Artefakte selbst beziehen.


Siehe bei Atlantisforschung.de zu diesem Thema auch:

Externum:



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Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Tony O’Connell (©) wurde seiner atlantologischen Online-Enzyklopädie Atlantipedia.ie entnommen, wo er am 08. Juni 2010 unter dem Titel "Glozel" erstveröffenlicht wurde. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung nach dem Stand vom 11. Juni 2020 durch Atlantisforschung.de.

Fußnoten:

  1. Siehe: telegraph.co.uk, unter: "Emile Fradin" (abgerufen: 11. Juni 2020)
  2. Siehe: "GLOZEL", Abschnitt "Localisation" (abgerufen: 11. Juni 2020)
  3. Red. Anmerkung: So bemerkte etwa der französische Polyhistor und Atlantisforscher Claudius Roux (1872-1961): "Wenn ich mich schließlich auf die Tatsache stütze, daß die alphabetischen geheimnisvollen Zeichen, die in den Ablagerungen von Glozel durch die Herren Morlet und Fradin gefunden wurden, und zwar in neolithischen Schichten des südwestlichen Frankreich und des südwestlichen Portugal, ebenso wie in verschiedenen neolithischen Lagerungen von Marokko und in der Sahara, so komme ich zu der Frage, ob das Rätsel von Glozel nicht dazu neigt, sich mit demjenigen von Atlantis zu vereinen, und ob die benachbarten Gegenden der Säulen des Herkules in der prähistorischen und protohistorischen Zeit nicht eine zivilisatorische Hauptrolle gespielt haben, eine Rolle, die die eifrigen Okzidentalisten sich schon bemühen ans Licht zu ziehen, indem sie in das bis jetzt fetgehaltene Monopol der Orientalisten Bresche schießen." (Quelle)
  4. Siehe: Alice Gerard, "Glozel: Bones of Contention", iUniverse, 2005, 306 Seiten, ISBN-10: 0595341225 / ISBN-13: 978-0595341221
  5. Siehe: Donald B. Buchanan, "A preliminary decipherment of the Glozel inscriptions" bei Migration & Diffusion (abgerufen: 11. Juni 2020)
  6. Siehe: Paulo Stekel, "GLOZEL DECIPHERED!", 2006, als PDF-Datei online bei museedeglozel.com (abgerufen: 11. Juni 2020)
  7. Siehe: Paolo Stekel, "THE GLOZEL’S CODE - New decipherment theory – a preliminary presentation", als PDF-Datei online bei museedeglozel.com (abgerufen: 11. Juni 2020)
  8. Siehe: museedeglozel.com, unter: "Traducteurs actuels" (abgerufen: 11. Juni 2020)
  9. Siehe: Philip Coppens, "Glozel - The Fraud or Find of the 20th Century?", online bei bibliotecapleyades.net (abgerufen: 11. Juni 2020)
  10. Siehe: Philip Coppens, "The Lost Civilization Enigma: A New Inquiry Into the Existence of Ancient Cities, Cultures, and Peoples who Pre-date Recorded History", New Page Books, 2012, S.16

Bild-Quellen:

1) V. Mourre / 120 (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Glozel-vallon-2008.jpg (Lizenz: Creative-Commons, „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“)
2) Agence de presse Meurisse (Urheber) via Bibliothèque nationale de France bei Wikimedia Commons, unter: File:Fradin dans musee.jpg
3) Agence de presse Meurisse (Urheber) via Bibliothèque nationale de France bei Wikimedia Commons, unter: File:Glozel-commission internationale.jpg
4) Salomon Reinach, 1858–1932 (Urheber) bei Wikimedia Commons, unter: File:Glozel-Reinach-03.jpg