Lucas de Linda et al.: Orbis lumen et Atlantis iuga tecta retecta (1656)
Dass America unter den Inwohnern Europæ nicht gänzlich seye unbekannt gewesen
Die II. Beschreibung
Man kan nicht nur auß Platonis, sondern auch Diodori Siculi Büchern darthun / daß sie eine Kundschafft dieser Länder gehabt. Dann bey Platone im Gespräch Timæus genant / erzehlen die Priester in Egypten dem Solon von Athen / der 600. Jahr vor Christi Geburt gelebt / es wehre vor Alters eine Insell an der engen Farth Herculis, jetzt Gibraltar gewesen, die grösser dann Asien unnd Africa; Die durch ein grossen Erdbeben / und ungeheure Wasserfluth / in Tag und Nacht in den Abgrund deß Meers verschlungen worden; Atlantis: Umb welcher Ursachen willen man das Meer zwischen gemelter Inselln und Gibraltar ganz unschiffbar gefunden.
Diodorus Siculus bezeugt im 5. Buch / die Phœnizier hetten das Ufer des Meers jehnseit Gibraltars versucht / und weren durch ungeheuren Wind ober den Ozean zu ganz weitgelegenen Landen verschlagen worden / biß sie endlich ober etliche Tage an die gemelte Insell kommen / die ober alle massen groß / gelegen gegen dem Ozean / an Africa / und gegen Westen. Das Land wehre lustig und fruchtbar mit Schiffreichen Flüssen durchzogen / und köstlichen Gebäwen [?; d.Red.] herzlich.
Diese Insell kan nicht wohl eine andere seyn / als America; auch haben die Priester in Egypten / unnd weit weniger Solon, wie Strabo I. 1. sagt / ein ganzes Buch und sonst darüber geschrieben. Und noch weniger hatte Diodorus Siculus solches erdacht / oder ihm traumen lassen / was wir nunmehr mit der Warheit also befinden und erfahren.
Es bezeugt auch ober diß Aristoteles, oder Theophylactus, deme das Buch von der Welt / gleich wie dem Apulejo desselben Obersetzung zugeschrieben wird / daß nach ausserhalb deren uns bekannten Landen Europa / Asien und Africa noch grosse Inselln zu finden; dadurch America und Magellanica, man sehe es an wie man wolle / verstanden worden. Ferner so berichtete Diodorus Siculus, es hetten die Carthaginenser verbotten / daß niemand auß Europa dahin schiffen solte. Wann aber sie diese Schiffarth onderlassen / ist ongewiß: Doch ganz kündig / daß von der Römischen Monarchy an / biß zu gemelter Zeit / gar nichts davon weder gehört / noch geschrieben worden.
Anmerkungen und Quellen
Dieser Text ist dem 1656 in 'Franckfurt am Mayn' erschienenen Buch "Orbis lumen et Atlantis iuga tecta retecta : Das ist: Newe aussführliche Entdeck- vnd Beschreibung der gantzen Welt, aller darinn enthaltener Keyserthumb, Königreichen, Fürstenthumben, Provincien, Länder vnd Republicquen, &c. deren Inwohner Sitten, Religion, Vermögens, Macht vnd Reichthumbs., &c. Ingleichem der Päbste, Käyser, Könige vnd Fürsten Succession vnd Ordnung, &c. Vnd endlichen dess Röm. Reichs freyer Ritterschafft, vnd dess löblichen Hansee-Bunds, &c." von Lucas de Linda et al. entnommen (Kap.: "Dass America unter den Inwohnern Europæ nicht gänzlich seye unbekannt gewesen"; S. 216-217) Transkription in die Lateinische Schrift durch Atlantisforschung.de nach der digitalisierten Version des Buches bei Archive.org.
Bild-Quelle:
- BSB - Bayerische StaatsBibliothek digital, unter: "Orbis lumen..." / Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de