Herodot - einer der wichtigsten Zeugen des alten Ägypten

von unserem Gastautor Dr. Dominique Görlitz

Abb. 1 Eine Büste des griechischen Historikers Herodot (ca. 486 v.Chr - ca. 430 v. Chr.) Die Aufzeichnungen über seine Reisen in Ägypten liefern unter anderem Schlüssel-Informationen zum Bau der Großen Pyramide von Gizeh.

Herodot (Abb. 1) stammte aus Halikarnassos, einer Stadt im Südwesten Kleinasiens. Das politische Geschehen seiner Zeit gestaltete sich sehr unruhig, was vielleicht ein Grund dafür war, dass er zu einem der meistgereisten, bewandertsten Historiker der Antike wurde. So besuchte er Kleinasien, Italien, Sizilien, Südrussland, Zypern und Syrien. Auch in Babylonien hielt er sich längere Zeit auf. Im Jahr 448 v.Chr. erreichte er Ägypten und erkundete das Land bis zum ersten Nilkatarakt. Herodot notierte während seines Aufenthaltes alles, was ihm von seinen verschiedenen Gesprächspartnern berichtet wurde. Dabei war er bei Weitem nicht der erste und einzige Grieche, der das Kulturland am Nil bereiste.

Schon ab 1200 v.Chr. - also zur Zeit der Ramessiden - sollen dort mehr als 1300 griechische Priestergelehrte gelebt und gelehrt haben. Sie benutzten alle die großen Bibliotheken und Tempelschulen in Heliopolis und Memphis im geistigen Austausch mit den ägyptischen Gelehrten, die in den alten Schriften und Wissenschaften bewandert waren. [1] Viele große griechische Denker und Gelehrte, wie zum Beispiel Thales von Milet, Pythagoras und kein Geringerer als Solon, der bedeutenste athenische Staatsmann und Überlieferer der Atlantis-Legende, verbrachten Jahre des Studiums in Ägypten. Aus diesem Grund müssen wir davon ausgehen, dass die von den Griechen überlieferten historischen Kenntnisse, Fakten und Ereignisse nicht das Produkt ägyptenverliebter Spinner und Fantasten waren, sondern von einigen der klügsten Köpfe des damaligen Europa aufgezeichnet wurden, die in den ägyptischen Priesterschulen enormes Wissen erlangt hatten.

Abb. 2 Viele der großen griechischen Denker und Gelehrten verbrachten Jahre des Studiums in den Bibliotheken und Tempelschulen des alten Ägypten bei den dortigen Priestern, die in den Schriften und Wissenschaften des Altertums bewandert waren.

Herodot, der nach seiner Rückkehr aus Ägypten in Athen seine Erlebnisse und Erfahrungen in Büchern wie auch Vorträgen veröffentlichte, erhielt sogar einen Staatspreis für seine Forschungstätigkeit. [2] In diesem Zusammenhang ist in besonderem Maße zu berücksichtigen, dass Herodot die Geschichtsschreibung erstmals von Fantastereien und allerlei unnötigen Ausschmückungen befreite. Aus diesem Grund müssen wir diesem geschichtlichen Zeugen eine besondere Wertschätzung hinsichtlich der Lösung des Baurätsels der Cheops-Pyramide beimessen.

Herodot berichtet zunächst über logistische Aspekte des Pyramidenbaus, so zum Beispiel darüber, wieviele Menschen für ihre Errichtung notwendig waren, über die Herstellung einer Baustraße, die Transporttechnik, Bauzeit und so weiter. Zu den Vorarbeiten gehörten auch die Anlage unterirdischer Kammern und Gänge sowie die Herstellung eines unterirdischen Kanals zum Nil, der als »Herodot-Kanal« bekannt wurde, wobei seine Existenz von den Ägyptologen immer noch vehement infrage gestellt wird. Die wichtigsten Überlieferungen von Herodot zum Bau der Pyramide betreffen jedoch:

  • die Nutzung hölzerner Maschinen zum Heben der Steine.
  • den Verweis, dass man das Bauwerk Schicht um Schicht errichtete, und
  • die Angabe, dass die Exaktheit der Ausführung darauf zurückzuführen ist, dass man bei der Errichtung der Pyramide zu Cheops Zeiten bereits Eisenwerkzeuge benutzte.

Es ist schon außergewöhnlich, dass man einem der besten Informanten der Antike, der zudem mehrere Jahre in Ägypten lebte und im engen Austausch mit den dortigen gut geschulten Priestern stand, den Wahrheitsgehalt dieser wichtigen Fakten und Schilderungen abspricht. Insbesondere gilt dies für die Existenz des Herodot-Kanals, die Nutzung von hölzernen Hebemaschinen und erst recht für den Gebrauch hoch entwickelter Werkzeuge, deren früheste Kenntnis wir dem griechischen Historiker verdanken. Natürlich darf man nicht den Fehler begehen, seine Schilderungen ungeprüft und ohne belastbare Beweise für »bare Münze« zu nehmen. Aber diese Überlieferungen grundsätzlich als »Märchen« abzustempeln, ohne das verfügbare Datenmaterial und flankierende Evidenzen geprüft zu haben, ist schlicht und einfach nicht wissenschaftlich.

Nachfolgend wird gezeigt werden, dass auch in Herodots Pyramidenbericht, wie oftmals bei solchen in der Altertumswissenschaft belächelten mysteriösen und rätselhaft anmutenden Geschchten, mehr Wahrheit steckt, als man zu Beginn glaubt. Insbesondere gilt dies für Herodots Überlieferung der Verwendung von eisernen Werkzeugen beim Bau der Cheops-Pyramide.


Anmerkungen und Quellen

Buchcover Das-Cheops-Projekt.jpg
Dieser Beitrag von Dominique Görlitz (©) wurde seinem, gemeinsam mit Stefan Erdmann verfassten Buch "Das Cheops-Projekt" (Abb. 3) (S. 168-169, Abschnitt: "Herodot gilt als der wichigste Zeuge des alten Ägypten"), das 2015 im KOPP Verlag erschienen ist

Fußnote:

Bild-Quellen:

1) Jastrow (Marie-Lan Nguyen) bei Wikimedia Commons, unter: File:Herodotos Met 91.8.jpg
2) Ellie Crystal, "Ancient Egyptian Priesthoods" (Abschnitt: Temple Work and Purity), bei crystalinks.com
3) KOPP Verlag / Bild-Archiv Atlantisforschung.de