Atlantisbetrachtung in der Antike: Unterschied zwischen den Versionen

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([[bb]]) [[Platon]]s Atlantisdialoge sorgten bereits in der Antike für kontroverse Interpretationen, wobei aus den ersten drei Jahrhunderten nach Platon bedauerlicher Weise keine Orginaltexte solcher Stellungnahmen überliefert sind. Zunächst sah es jedenfalls ganz danach aus, dass diese erstaunliche Erzählung, die dem Weltbild der Hellenen geradezu entgegenstand, schnell wieder dem Vergessen anheim fallen würde. Dies lag vor allem an der simplen Tatsache, dass nach Platons Tod in Griechenland die, von Aristoteles begründete, philosophische Schule der Peripathetiker zu dominieren begann.   
 
 
 
 
 
Aristoteles von Stageira - der Atlantis-Verneiner  (1)
 
 
 
Als schärfster Atlantis-Verneiner unter Platons Schülern und philosphischen Nachfolgern war jedoch, wie Lyon Sprague de Camp es formulierte, sein "Musterschüler Aristoteles von Stageira zu nennen, der sich zu einem arroganten Enzyklopädisten auswuchs, mit seinem Lehrer in Streit geriet, seine eigene Schule gründete und - ohne Platons Charme zu besitzen, aber dafür mit einem wesentlich besser ausgeprägten Sinn für Realitäten begabt - eine Reihe weitschweifiger, trockener Traktate über den Menschen und das Universum schrieb. (...) Aristoteles einzige überlieferte Bemerkung zur Atlantis-Erzählung seines früheren Lehrers stand in einem verloren gegangenen Werk, das von Strabon zitiert wird. Darin äußerte Aristoteles ironisch, Homer habe zuerst - aus kompositorischen Gründen - die Archäer Wälle um ihre Schiffe am Strand von Troja bauen und diese sodann durch die Meeresfluten hinwegspülen lassen. Ebenso sei es mit Atlantis: >Der, der es sich ausdachte, zerstörte es auch.<" (+1) 
 
 
 
Für Anänhger des Aristotelischen Weltbilds und seiner Schule, die später das europäische Wissenschatsverständnis stärker als jede andere philosophische Richtung prägen sollte, war Atlantis also nicht mehr als ein Hirngespinst (eine Position, die sich auch heute noch häufig in den vulgärpsychologischen Auslassungen von Atlantologie-Kritikern widerspigelt). Diese ablehnend-kritsche Haltung gegenüber der Möglichkeit eines historischen Atlantis findet sich in fast allen überlieferten Stellungnahmen aus dem nachplatonisch-hellenischen Kulturkreis bis zum Beginn der Spätantike wieder. 
 
 
 
Die Süffisanz und - nach heutigem Verständnis - durchaus unwissenschaftliche sowie seiner eigenen Methodik widersprechende Form, in der Aristoteles sein Pauschal-Urteil fällte, scheint zumindest (etwa 200 Jahre später) den Philosophen Poseidonios etwas geärgert zu haben. Der Hauslehrer und Freund Ciceros schrieb, "daß es in Anbetracht der bekannten Wirkweisen von Erdbeben und Bodenerosionen vernunftiger sei, zu sagen: >Es ist möglich, daß die Geschichte von Atlantis keine Fiktion ist.< (...) Strabon, der Poseidonios in anderer Hinsicht als einen leichtgläubigen Enthusiasten abqualifizierte, billigte diese Äußerung zu Atlantis." (+2)
 
 
 
Nach Donnelly soll der griechische Historiker Timagenes im 1. Jh. vor Chr. berichtet haben, Gallien werde "von drei scharf von einander geschiedenen Volksstämmen bewohnt, nämlich: 1. die eingeborene Bevölkerung, die wahrscheinlich Mongoloiden sind, die ja lange in Europa lebten, 2. die Einwanderer von einer fernen Insel, die man Atlantis nennt, und 3. die arischen Gallier." (+3) Wie wir sehen werden, kann Timagenes Äußerung - sofern sie authentisch ist - in mehr oder auch weniger direktem Zusammenhang mit dem Platonischen Atlantis betrachtet werden.
 
 
 
 
 
===Diodorus´ Probleme mit Atlantis===
 
 
 
Diodorus Siculus ("Der Sizilianer") lebte, wie Timagenes, als Zeitgenosse Gajus Julius Caesars. Er war ein durchaus repräsentativer Vertreter des Atistotelismus, dessen Berichte über nichthellenische Völker das Verständnis der antiken Welt im Römischen Reich entscheidend beeinflussten. Mit Diodorus Werken wollen wir uns hier etwas ausführlicher beschäftigen. Sie sind aus atlantologiehistorischer Sicht deshalb besonders interessant, weil er in seinen Darstellungen anderer Völker - speziell der Ägypter - sehr bemüht war, offensichtliche Parallelen zu, bzw. Übereinstimmungen mit diversen Details aus Platons Atlantida zu verschleiern. Martin Freska bemerkt dazu: "Jedesmal in seinen umfangreichen Schriften, wenn er das atlantische Thema, also Atlantis oder die Atlanter, fast schon berührt hat, weicht er aus. Dadurch vermeidet er jegliche explizite Auseinandersetzung mit der ägyptischen bzw. Platonischen Atlantisüberlieferung, die ihm zweifellos bekannt war." (+4)
 
 
 
Für diese These führt Freska auch einige Beispiele an: "In seiner Beschreibung des oberägyptischen Theben sagt Diodorus, die Ägypter würden ihre Mythen mit einem Volk verbinden, welches andernorts >die Giganten< genannt würde. Von diesen gibt Diodorus die aufschlußreiche Information wieder, daß Repräsentanten von ihnen in einem Heiligtum Thebens als monumentale Standbilder ausgestellt waren; dieses von den Ägyptern monumental dargestellte Volk, auch diese Information gibt Diodorus wieder, sei infolge eines Kriegs (!) vollständig vernichtet worden. Der Name dieses Volks würde zwar als >Giganten< kolportiert werden. >Ihr eigentlicher Name aber ist ...< (+5)
 
 
 
Die drei Punkte in Diodorus´ Manuskript stehen - aus atlantologischer Sicht - ganz offenbar für "Atlantioi", aber unabhängig davon, welcher Volksname hier hätte stehen müssen: warum spart `Der Sizilianer´ die Bezeichnung für die mythischen Vorfahren der Ägypter überhaupt aus? Vielleicht, wie Freska vermutet, weil er "durch die Nennung dieses Begriffs mit seinem eigenen Begriff der Atlanter (+6) in Konflikt gekommen wäre. Diodorus selbst verstand nämlich unter den Atlantern ein nordwestafrikanisches Volk, das - in unbestimmter Zeit einmal zivilisierter war als seine afrikanischen Nachbarn. Von diesem Volk hatte Diodorus Kunde durch die Überlieferung der Skythen, derzufolge die einstigen Reiteramazonen mit jenem Volk im Atlas-Gebirge in Kämpfe verwickelt waren." (+7)
 
 
 
 
 
Antike Darstellung einer Reiteramazone im Kampf  (2)
 
 
 
Diese nordafrikanischen Amazonen, die er dezidiert von den asiatischen Amazonen Homers unterschied, sollen auf der Insel Hespera in den Tritonischen Sümpfen gelebt haben. Unter Führung ihrer Königin Myrina hätten sie, wie Diodorus berichtet, das benachbarte Atlantioi erobert. Später  seien sie dann gegen das Volk der Gorgonen in den Krieg gezogen. Herakles habe schließlich sowohl die Gorgonen als auch die afrikanischen Amazonen ausgerottet, die Tritonischen Sümpfe seien nach einem Erdbeben ausgetrocknet.
 
 
 
Verschiedene Historiker der Antike, angefangen bei Herodot, berichteten, dass der Nordwesten Afrikas von "primitiven Stämmen", den Atlantes, Atarantes oder Atlantioi bewohnt sei.     
 
 
 
Aus Perspektive des neuzeitlichen Atlantisforschers mutet dieses scheinbare Verwirrspiel um den Volksnamen "Atlanter" fast amüsant an. Ganz unabhängig davon, ob wir die Atlanter - der klassischen Interpretation Platons und seinen ägyptischen Quellen folgend - im Atlantik, oder, nach Diodorus Bericht und den Überlieferungen der Skythen in Nordwestafrika suchen, so stellen wir doch die eindeutigen Parallelen im Inhalt sowie eine Verwandtschaft im Ursprung dieser Überlieferungen fest. So gesehen stellt sich letztlich nur die Frage, ob es sich bei den Atlantioi in Nordwestafrika um das atlantische Muttervolk, oder um atlantische Kolonisten aus dem Westen, bzw. um deren Nachfahren gehandelt haben kann.   
 
 
 
 
 
Mythologisierte Darstellung eines Gorgonenkriegers (3)
 
 
 
Doch zurück zu Diodorus. Seltsam muss bei seinen Darstellungen auch erscheinen, dass er zwar in großer Ausführlichkeit darüber referiert, was die Ägypter über ihren Gott Osiris zu berichten hatten, dass er nämlich mit großem Gefolge "in ihr Land gekommen ist und ihnen die größten Errungenschaften gebracht hat, bevor er - Isis als Herrin über Ägypten zurücklassend -in ferne Länder weiterzog" (+8); er geht aber mit keinem Wort auf die mehr als nahe liegende Frage ein, WOHER der göttliche Kulturstifter mit seinem Anhang denn gekommen sei.       
 
 
 
"An anderer Stelle gibt Diodorus zum gleichen Thema die >allgemeine< Ansicht der Ägypter wieder, wonach ihre Vorfahren viele Kolonien in vielen Teilen der bewohnten Welt eingerichtet hätten. Diodorus bemerkt dazu: >Aber da sie (die Ägypter) keinerlei Beweise für diese Behauptungen haben, und da kein anerkannter Historiker ihre Behauptungen bezeugt, sind wir der Ansicht, daß ihre Angaben nicht wert sind, berichtet zu werden.< Auch diese - viel größere - aussparung ist sehr auffällig. Denn sonst, bei den Skythen oder bei den Hyperboräern oder bei den Babyloniern oder bei wem imme, versucht Diodorus, von der Vergangenheit dieser Völker möglichst so zu berichten, wie diese ihnen selbst erscheint." (+9)
 
 
 
Bei Diodorus Siculus findet sich aber auch die Information, die Phönizier hätten eine große, bewohnte Insel im Atlantischen Ozean entdeckt gehabt, ausserhalb der Säulen des Herakles und einige Tagesreisen von der Küste Afrikas entfernt. "Die ganze Insel strotzte von Reichtümern aller Art. Der Boden war außerordentlich fruchtbar; die Szenerie bot durch Ströme, Berge und Wälder die reichste Abwechsung. Es war bei den Einwohnern Sitte, sich während der heißeren Sommermonate in ihre prächtigen Landhäuser zurückzuziehen, die inmitten herrlicher Gärten standen. An Fischen und Wild war allenthalben großer Ueberfluß; das Klima war köstlich und die Bäume trugen Früchte zu allen Jahreszeiten." (+10). Die auffälligen Parallelen zu Platons Bericht scheint der Autor nicht zu bemerken. (Interessant ist allerdings, dass er mit seiner Aussage, die Phönizier hätten diese Insel entdeckt, deren Atlantikfahrten dokumentiert).
 
 
 
Diodorus, der, wie Freska es formuliert, "den `main-stream´ der griechisch-römischen Forschung repräsentierte", scheint also tatsächlich alle Informationen bei seinen völkerkundlichen und geschichtlichen Arbeiten ausgeblendet zu haben, die einen direkten Rückschluss auf Zusammenhänge mit Platons Atlantisbericht zugelassen hätten. Er wird nicht der einzige antike Gelehrte des hellenisch-römischen Kulturkreises gewesen sein, der so verfuhr. Wir müssen vielmehr annehmen, dass es unter aristotelisch erzogenen und denkenden Griechen und Römern geradezu verpönt gewesen sein muss, der Atlantida eine historische Basis zuzubilligen. Vermutlich haben sie sich diesbezüglich ganz ähnlich verhalten wie akademische Erd- und Menschheitsgeschichtsforscher des 20. Jahrhunderts, die auf dieses Thema geradezu allergisch reagierten.
 
 
 
 
 
===Das Atlantisbild der Spätantike===
 
 
 
Noch im 1. Jahrhundert n. Chr. betrachtet Plutarch den Atlantisbericht als "Solons Versuch, ein Epos aus >der Geschichte oder Fabel um das atlantische Eiland< zu machen, ein Epos, das niemals vollendet wurde, und davon, daß daß Plato Solons Unternehmung mit etwas mehr Erfolg fortsetzte", während sein Zeitgenosse Plinius der Ältere diplomatisch feststellt, dass Atlantis untergegangen sei, "wenn wir Plato Glauben schenken können" (+11). Tatsächlich waren urgeschichtliche Betrachtungen bei griechischen und römischen Historikern, die auch zur Blütezeit Roms "die  Jahrhunderte und Jahrtausende jenseits des berühmten Trojanischen Kriegs (d. h. vor dem 12. Jahrhundert vor Chr.) zeitlich nicht differenzieren" (+12) konnten, nie etwas anderes als eine `Glaubensfrage´. Verfügten sie doch über keine eigenen Überlieferungen, die so weit in die Vergangenheit zurück reichten, und waren weder willens noch in der Lage, entsprechende Berichte aus anderen Kulturkreisen wirklich zu überprüfen. Auch für die geistige Elite des Imperium Romanum galt noch vollständig der auf die Hellenen gemünzte Satz, den sich - nach Platon - Solon bei den Neith-Priestern in Sais anhören musste: "Ihr Griechen seid Kinder...!"           
 
 
 
Doch etwa zur gleichen Zeit begannen in der griechisch/römischen Forschung auch die Einflüsse anderer Kulturen spürbar zu werden, die das Römische Reich sich einverleibt hatte. Diese intellektuellen "Neubürger" brachten Wissen und Betrachtungsweisen ein, die sich stark von den üblichen Mustern des "klassischen Altertums" unterschieden.
 
 
 
 
 
Flavius Josephus (4)
 
 
 
Dies galt etwa im Fall des Flavius Josephus, der, ein Jahrzehnt nach der Kreuzigung des Jesus von Nazareth geboren, in Jerusalem aufwuchs. Nach der Zerstörung der Stadt kam er als Kriegsgefangener nach Rom, wo er später auch nach seiner Freilassung seinen Lebensmittelpunkt hatte. Dort verfolgte er als Historiker die Geschichte - bis vor die Zeit der Großen Flut - anhand jüdischer Quellen zurück, die er bei den Essenern und Sadduzäern studierte. bei einer eingehenden Betrachtung seiner Schriften ergeben sich interessante chronologische Parallelen zu Manethos Angaben über die ägyptische Vorgeschichte und zu den dortigen Überlieferungen, aus denen sich auch der Atlantis-Mythos speist.
 
 
 
Ein anderer jüdischer Gelehrter, der sich ebenfalls in Form des Studiums alten Schriftguts seines Volkes mit Ur- und Frühgeschichte beschäftigte, war Philo von Alexandria. "Philo untersucht die Zeichen, die Namen, die Bilder, die Riten und sonstigen Symbole der alten hebräischen Schriften auf ihre allegorische Bedeutung hin, auf ihren gleichnishaften Sinngehalt. Dabei stellt er immer wieder, zumindest implizit, Rituelles aus der Zeit nach der Großen Flut und der davorliegenden Zeit gegenüber (...). Dem Noah als Brücke zwischen den Zeiten, der selbst in einer bestimmten Tradition steht (Seth-Nachfahren), kommt nun die Aufgabe zu, die brauchbaren Riten von den unbrauchbar gewordenen strikt zu unterscheiden. Indem Philo solche streng unterschiedenen Riten darstellt, gibt er ein Bild von der alten (>dekadent gewordenen<) Menschheit und der erneuerten Menschheit." (+13) Zu den Riten, die Sinnbilder der vorsintflutlichen Menschheit und daher zu meiden seien, gehörte nach Philo vor allem das Tätowieren (+14). Freska verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die moderne angelsächsische Atlantologie die Tätowierungskunst als typisch atlantisches Ritual betrachtet.     
 
 
 
Wenn auch auch von diesen jüdischen Intellektuellen keine direkten Hinweise auf Atlantis gegeben werden, so bieten sie sie uns zumindest einen kleinen Einblick in die "alternative Vor- und Frühgeschichtsforschung" der Antike, abseits von den eingefahrenen Wegen griechisch-römischer Tradition.
 
 
 
 
Eine Antike Weltkarte, die Herodot zugeschrieben wird. (6)
 
 
 
Scheinbar erst in spätrömischen Zeit, mit dem Aufkommen der sogenannten `Neo-Platoniker´, einer religiös-philosophischen Richtung, begannen sich  vom 3. Jahrhundert nach Christus an auch explizite Atlantis-Befürworter verstärkt zu Wort zu melden. Die Neo-Platoniker, gegründet durch den Ägypter Plotin, übten bald eine Starke Anziehungskraft auf die geistige Elite der nichtchristlichen Theologie dieser Epoche aus. Entstanden im hellenistischen Alexandria, dehnte sich diese Philosophenschule schnell im Römischen Reich aus und übte dort zeitweise einen starken kulturellen Einfluss aus, bis schließlich auch sie dem immer schnelleren Vormarsch des Christentums zum Opfer fiel. 
 
 
 
Aelianus, ein römischer Schriftsteller des 3. Jahrhunderts n. Chr., "erinnerte an das einstige atlantische Inselreich und einen großen, von ihm ausgehenden Krieg. Aelianus erwähnt auch - und diese Information ist bei Platon nicht enthalten - , daß die atlantischen Könige als Zeichen ihrer Macht ein von einem Tier stammendes Stirnband getragen hätten." (+15) In seiner >Varia historia< erzählt er, dass Theopompus (400 v. Chr.) über Einzelheiten eines Gesprächs zwischen Midas, dem König von Phrygien und dem Satyr Silenus bericht habe, "worin letzterer von der Existenz eines großen Festlandes in der atlantischen See spricht, das >größer als Kleinasien, Europa und Lybien zusammengenommen sei.< Er versichert, dort lebe ein Menschenstamm, Meropen genannt, der dort ausgedehnte Städte gebaut habe. Sie selbst waren der Meinung, daß ihr Land allein ein ganzer Kontinent sei.(+16)
 
 
 
Außerdem erwähnt Silenus laut Aelianus auch den "Äußeren Kontinent", der nach hellenischer Vorstellung den Ozean begrenzte, welcher die bekannte Welt (Europa, Afrika und Asien) umschloss. Diesen bezeichnete er als von Menschen bewohnt, "die zweimal so groß  seien als die der bekannten Welt und doppelt so lang lebten. Ein Landstrich davon, Anostos (>Land der Nimmerwiederkehr<) benannt, läge hinter wallenden Nebelschleiern und werde von zwei Flüssen bewässert, dem Fluß der Freude und dem des Kummers. Einst habe ein kriegslüsterner Stamm dieser Riesen den Ozean überquert, um in die zivilisierte Welt einzufallen. Als sie jedoch bei den Hyperboreern anlegten und in deren Land nichts Stehlbares fanden, seien sie zu der Auffassung gekommen, daß es nutzlos sei, weiter vorzudringen. Daraufhin kehrten sie angewidert nach hause zurück." (+17)     
 
 
 
Etwa ein Jahrhundert später weiss Marcellinus zu berichten, "daß die Gelehrten und Gebildeten von Alexandria (wo die berühmte Bibliothek noch existierte) die Vernichtung von Atlantis für eine historische Tatsache hielten. Nach seiner Ansicht wurde Atlantis durch ein chasmatisches Erdbeben vernichtet, d. h. durch einen plötzlichen Aufriß der Erdoberfläche, so daß die Insel im Schlund der Erde verschwand." (+18)
 
 
 
 
 
 
 
Der Neo-Platoniker Proklos (5)
 
 
 
Der wohl bekannteste Vertreter der schon erwähnten Neo-Platoniker war Proklos (lat. Proclus, 410? 412? bis 485 n. Chr.). Er versichert unter anderem, dass der Hellene Krantor, ein Anhänger Platons, dessen Atlantida als Tatsachenbericht betrachtet und die ägyptischen Quellen überprüft habe. Er führt aus, dass Krantor 300 Jahre nach Solons Ägyptenreise (also etwa 260 v. Chr.) "nach Sais gekommen wäre und und dort im Neith-Tempel jene über und über mit Hieroglyphen bedeckte Säule gesehen hätte, auf der die Geschichte von Atlantis festgehalten worden wäre; Schriftkundige hätten sie ihm übersetzt; wie er bezeugte, habe das, was er hörte, voll übereingestimmt mit dem ihm wohlbekannten Inhalt der Atlantis-Erzählung Platons." (+19) Die Authentizität der Aussagen Proklos´, eines durchaus nicht unumstrittenen Chronisten, voraussetzend, dürfen wir Krantor somit als ersten Atlantisforscher der Geschichte betrachten.
 
 
 
Proklos schrieb damals: "Was die ganze Erzählung über die Atlanter betrifft, sagen einige
 
 
Proklos zitiert auch den Geographen Martellus (1. Jh. v. Chr.), der in seiner "Äthiopischen Geschichte" von Inseln im "äußeren Meer" (Atlantik) - drei großen und sieben kleinen - gesprochen habe. (Donnelly vermutete, dass mit den sieben kleineren Inseln die Kanaren gemeint gewesen seien). Martellus berief sich dabei auf namentlich ungenannte Historiker: "Nach deren Aussagen gab es in jenem Meer seinerzeit sieben Inseln, die Proserpine geweiht waren, und drei andere Inseln immenser Ausdehnung, von denen eine Pluto geweiht war, eine Ammon und die mittlere Neptun (dem römischen Poseidon). Letztere war tausend Stadien (184 Kilometer) groß. Sie (die Historiker) fügen auch hinzu, die Bewohner (dieser Insel) bewahrten von ihren Vorfahren das Gedenken an die atlantische Insel, die dort existiert hat und wahrhaft erstaunlich groß gewesen ist; die für viele Zeitalter die Herrschaft über alle Inseln des Atlantischen Meeres hatte und ebenfalls Neptun geweiht war." (+20)
 
 
 
Die Existenz einer - zumindest in früheren Zeiten - bewohnten Inselwelt im Atlantik war dem graeco-romanischen Kulturkreis bekannt; allerdings nur vom Hörensdagen, da dieser Ozean bis in die Zeiten des Römischen Imperiums als `Mare incognitum´ galt. Auch Völker und Geschichte Nordwestafrikas waren Griechen und Römern so fremd, dass Informationen dazu nur fragmentarisch und in stark mythologieserter Form überliefert wurden. (Das entsprechende Wissen ging vermutlich mit den Phöniziern und Karthagern unter, letzte Reste in Form schriftlicher Überlieferungen fielen christlicher Vernichtungswut zum Opfer).
 
 
 
Trotzdem muss selbst ein Atlantis-Skeptiker wie de Camp zugestehen, "daß viele klassische Bezugnahmen auf Atlantes, Atlantische Inseln und Überschwemmungen in Einzelheiten an Platons Erzählungen erinnern und vielleicht auch tatsächlich damit zu tun haben. (...) Von den Atlas Mythen und Legenden um das afrikanische Atlantes und Inseln westlich von Afrika weiß man im übrigen, daß sie Vor Platos Atlantis Konzeption existierten." (+21)
 
 
 
 
 
===Der zweite Untergang von Atlantis===
 
 
 
Der Zerfall des Römischen Reiches als einheitliches Imperium, der das Ende der Spätantike einläutete, brachte auch das Ende der ersten, klassischen Phase der Atlantisforschung. Er ging nämlich Hand in Hand mit dem Siegeszug des Christentums. Die schnelle Vormarsch der christlichen Religion mit ihrer absoluten Intoleranz gegenüber allem nicht-christlichen Gedankengut hatte einschneidende Auswirkungen auf das Geschichtsbild in ihrem Einflussbereich. Schnell begann die Verfolgung "heidnischer" Überlieferungen sowie eine religiösen Zwangsideologie, welche auch die Einführung einer rein theologischen Geschichtsbetrachtung beinhaltete. 
 
 
 
Als die katholische Kirche sich an der Schwelle zum Frühmittelalter als dominierende gesellschaftliche Macht im werdenden Europa etabliert hatte, war der Inhalt von Kritias und Timaios kein Thema theologischer oder anderer Betrachtungen mehr. Pikanter Weise war es ein christlicher Prediger aus Ägypten, der sich selber "Cosma" nannte, welcher im 6. Jahrhundert für die letzte ausführliche Atlantisbetrachtung der Spätantike sorgte, die uns überliefert wurde. "Cosma hatte den Beinamen >Indicopleustes< erhalten, weil er ein Indienreisender gewesen war, bevor er sich dann als Mönch in einem Kloster von Alexandria niederließ. Dort schrieb er seine >Christliche Weltkunde< . Im letzten Kapitel (12. Buch) dieser Weltkunde  polemisiert Cosma gegen die Griechen, die fast alle von der Menschheitsgeschichte keine Ahnung hätten und sich auch aus diesem Grund gegen die Bibel sträuben würden. Dabei wüßte die Bibel ebenso wie die chaldäische (altbabylonische) Überlieferung von einer Folge von zehn Königsgeschlechtern. Diese aber sei identisch mit den zehn Königen von Atlantis, von denen der griechische Philosoph Timaios berichtet habe. (...) Der letzte dieser Könige, und das ist der Hauptpunkt in Cosmas Ansicht, sei identisch mit Noah, und dieser Noah sei mit seiner Arche von Atlantis in unsere Welt herübergekommen. (...) Von Platons Atlantisüberlieferung ist bei Cosma fast gar nichts richtig wiedergegeben. So sind die zehn atlantischen Könige nach Platon keine dynastische Folge; sie repräsentieren vielmehr eine ursprüngliche, gleichzeitige Aufteilung der Herrschaft. Darüber hinaus verwechselt Cosma in der ägyptisch-griechischen Überlieferungsgeschichte zu Atlantis so ziemlich alles, was da verwechselt werden kann (u.a. Kritias mit Timaios, den alten Neith-Priester mit Solomon -sic!-, diesen dann wieder mit Platon; und Solon war für Cosma ein noch wo ganz anders hingehörender verachtenswerter Jurist). Es mutet etwas peinlich an, daß dem Cosma seine vielen historischen Fehler gerade dort unterlaufen sind, wo er sich über die mangelnden Geschichtskenntnisse der Griechen ereifert hat." (+22) 
 
 
 
Danach scheint Platons Atlantisbericht für einen Zeitraum von 1000 Jahren wieder dem Vergessen anheim gefallen zu sein. Lediglich im 12. Jahrhundert findet sich noch eine kurze Erwähnung der sagenumwobenen Insel in der mittelalterlichen Enzyklopädie `De Imagine Mundi´ von Honorius von Autun. Atlantis war somit zum zweiten mal "untergegangen". Erst mit Beginn der Neuzeit, "als Europa die intellektuellen Fesseln, die ihm von der katholischen Kirche angelegt worden waren, abwarf und man aus der Enge des Kontinents herausstrebte, um ferne Länder und vergangene Zeiten zu entdecken, trat Atlantis erneut in das Bewußtsein der Menschen." (+23)   
 
 
 
 
 
===Anmerkungen und Quellen===
 
 
 
(+1)  Quelle: L. Sprague de Camp, Versunkene Kontinente, Heyne 1977, Seite 25
 
 
 
(+2)  Quelle: Ebenda
 
 
 
(+3)  Quelle: Ignatius Donnelly, Atlantis, die vorsintflutliche Welt, Eßlingen 1911, Seite 31
 
 
 
(+4)  Quelle: Martin Freska, Das verlorene Atlantis, Klöpfer & Meyer 1997, Seite 87
 
 
 
(+5)  Quelle: Ebenda
 
 
 
(+6)  Freska bezieht sich hier auf: Diodorus, III. Buch, Kap. 56-61, Vol. II, S. 263 ff.
 
 
 
(+7)  Quelle: Freska, Seite 88
 
 
 
(+8)  Freska zitiert Diodorus Siculus (Ausgabe Oldfather), Vol. I, Book I, S. 55-77
 
 
 
(+9)  Quelle: Freska, Seite 87
 
 
 
(+10) Quelle: Donnelly, Seite 31
 
 
 
(+11) Quelle: de Camp, Seite 25
 
 
 
(+12) Quelle: Freska, Seite 89
 
 
 
(+13) Quelle: Ebenda, Seite 90
 
 
 
(+14) Freska bezieht sich auf: Philo von Alexandria (Hrg.L. Cohn u.a.), Bd. II, S. 27f.
 
 
 
(+15) Freska bezieht sich auf: Ramage, Edwin S. (Hrg.), Atlantis - Fact or Fiction, Indiana University Press 1978, Seite 26
 
 
 
(+16) Quelle: Donnelly, Seite 30
 
 
 
(+17) Quelle: de Camp, Seite 23
 
 
 
(+18) Quellen:Charles Berlitz, Atlantis-Rätsel, Wien/Hamburg, 1976, Seite 38; Ramage, Seite 25
 
 
 
(+19) Quelle: Otto Muck, Alles über Atlantis, Knaur 1976, Seite 39
 
 
 
(+20) Quelle: Andrew Collins, Neue Beweise für Atlantis, Scherz 2000, Seite 111
 
 
 
(+21) Quelle: de Camp, Seite 24
 
 
 
(+22) Quelle: Freska, Seite 98
 
 
 
(+23) Quelle: de Camp, Seite 28
 
 
 
 
 
===Bildquellen===
 
 
 
(1) http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/PictDisplay/Aristotle.html
 
 
 
(2) http://www.auburn.edu/~downejm/sp/epsaas/epsaasDiod.html
 
 
 
(3) http://www.anthro.mankato.msus.edu/prehistory/aegean/amazons/amazonmyths.html
 
 
 
(4) http://josephus.yorku.ca/
 
 
 
(5) http://www.fysis.cz/Hermes/cesta/proklos.htm
 

Aktuelle Version vom 26. April 2010, 16:43 Uhr

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