Der Reiter von Corvo

Phönizische / karthagische Spuren auf den Azoren?

von Colonel Alexander Braghine (1940)

Die "Raben-Insel" Corvo ist dasjenige Eiland der Azoren, das Amerika am nächsten liegt. Dort entdeckten die Portugiesen 1461 ein mysteriöses Reiter-Standbild, dessen Ursprung bis heute nicht geklärt werden konnte.

Die portugiesischen Historiker des 'Zeitalters der Entdeckungen' berichten, dass 1461 auf der Insel Corvo (Abb. 1) (die "Raben-Insel", oder auf Spanisch "Cuervo"), jener Azoren-Insel, die Amerika am nächsten liegt, ein Reiter-Standbild entdeckt worden sei. Es stand auf der Kuppe eines hohen Felsens, und die rechte Hand des Reiters deutete auf die Gestade der Neuen Welt. Auf dem Felsen fand man Inschriften in einem unbekannten Alphabet.

Diese Statue wird auch von Sherif el Edrissi und anderen arabischen Historikern erwähnt; die Einheimischen auf den Azoren, die noch heute eine Erinnerung an sie bewahren, nennen diese Statue "Cadés" oder "Catés". Es ist interessant, dass dieses Wort in der Ketchua-Sprache "Folge dieser Richtung!" bedeutet. Vor einigen Jahren wurden auf der Insel Corvo phönizische Münzen gefunden, und in einer Grotte der benachbarten Insel São Miguel wurde eine Steinplatte entdeckt, auf der die Abbildung eines Gebäudes, vermutlich eines Tempels, eingraviert war.

Abb. 2 Der französische Atlantologe Paul Le Cour (1871-1954) stellte bei einem Besuch der Azoren Nachforschungen zu der mysteriösen Reiter-Statue auf Corvo an, konnte ihr Geheimnis jedoch nicht lüften.

Der Herausgeber des französischen Magazins 'Atlantis', M. P. Le Cour
(Abb. 2), der die Azoren kürzlich besuchte, glaubt, dass dies das Abbild eines atlantidischen Tempels sei. Die Tafel wurde vor einigen Jahren im Los Angeles museum of the Azores ausgestellt, eine Fotographie wurde davon gemacht, doch bald darauf verschwand die Tafel. Viele Personen haben die Aufnahme gesehen, und der Wissenschaftler Vasco Bensande, der ständig auf den Azoren lebt, sagte M. P. Le Cour, dass er in den Archiven des Archipels eine Beschreibung dieser prähistorischen Tafel sah. Der französische Schriftsteller Chateaubriand schrieb bei der Beschreibung seines Aufenthalts auf den Azoren im sechsten Band seiner Memoires d' Outre Tombe folgendes: "Nachweislich besuchten die Karthager die Azoren, da phönizische Münzen auf der Insel Corvo gefunden wurden. Die ersten Europäer, die nach Corvo kamen, fanden dort eine Reiterstatue, die in Richtung Westen wies."

Im Kapitel neun der Chronicle of the reign of the king of Portugal, Don João, 1560 von Damião de Goes verfasst, lesen wir folgendes: "Die nordwestliche Azoren-Insel Corvo wird von den Seeleuten >Indikator-Insel< genannt, weil sie sich [nautisch] nach ihr orientieren. Auf dem Gipfel des nordöstlichen Teils der Insel befand sich die Statue eines Reiters auf einem ungesattelten Pferd. Der Reiter trug keinen Hut, [aber] um seine Schultern einen Mantel im mohrischen Stil. Eine Hand des Reiters war in die Mähne des Pferdes gekrallt, und die andere deutete nach Westen.

Als König Don Manoel über diese Statue informiert wurde, befahl er seinem Hofmaler, Senhor Duarte D´ Armas, auf die Azoren zu reisen und ein Bild der Statue in Original-Größe anzufertigen. Nachdem er das Bild erhalten hatte, sandte der König einen Mann seines Vertrauens aus, um die Statue zu demontieren und sie nach Portugal zu verfrachten. Doch der Mann kehrte von den Azoren zurück und berichtete, dass ein Gewitter die Statue zerstört habe, und dass er daher nur Fragmente davon nach Portugal bringen konnte: den Kopf des Reiters, seine rechte Hand, den Pferdekopf, zwei seiner Beine und ein Stück von seiner Hüfte. Dieser Bericht war eine Lüge: tatsächlich war die Statue bei ihrer Entfernung aufgrund der Unachtsamkeit der Arbeiter in Stücke zerbrochen. Alle Fragmente der Statue wurden dem König geschickt und ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.

Der Ober-Schriftführer [orig.: "chief notary"; d.Ü.] des Königs, Senhor Pero de Fonseca, besuchte 1529 die Azoren und hörte von den Einheimischen, dass sich unter der Statue einige Inschriften befanden. Pero de Fonseca schickte einige Arbeiter los, um Wachsabdrücke dieser Inschriften zu nehmen, doch die Lettern waren mit der Zeit stark verwittert, und die Mulden gaben nichts wieder, was zu erkennen war. Vermutlich waren die Statue und auch die Inschrift von Nordmännern geschaffen worden, da sie ihre Fahrten überall zu verewigen pflegten."

Ich kann Damião de Goes bezüglich des normannischen Ursprungs der Statue und der Inschrift nicht folgen, da diese tüchtigen Seefahrer ihre Aufenthalte nicht durch Statuen zu verewigen pflegten. Zudem könnte eine Reise der Nordmänner zu den Azoren erst zwischen dem neunten und dem zwölften Jahrhundert [n. Chr.] stattgefunden haben, d.h. maximal sechshundert Jahre vor dem Regnum Don Manoels; während einer solchen Periode konnte eine in Felsen gehauene Inschrift nicht [derart] verwittern. Mir scheint, dass Statue und Inschriften phönizisch waren, sofern nicht M. P. Le Cour richtig liegt und sie atlantidisch waren.


Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Colonel Alexander Braghine wurde seinem, erstmalig 1940 publizierten Buch The Shadow of Atlantis" entnommen (S. 154, 155), das 1997 in der Reihe THE ATLANTIS REPRINT SERIES bei ADVENTURES UNLIMITED PRESS, Kempton, Illinois (USA) erschienen ist. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de (2006)

Bild-Quellen:

1) Free-Travel-Guide.com, unter: http://www.geocities.com/TheTropics/Resort/6756/images/Corvo.jpg (Seite nicht mehr online)
2) http://www.contrepoints.com/atlantis/plecour.html (Seite nicht mehr online; Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)