Malta war Atlantis

vom deutschen Anacharsis (1839)

Abb. 1 Das Titelblatt von Anacharsis´ Reiseführer aus dem Jahr 1839, in dem er u.a. auch seine maltesische Atlantis-Lokalisierung vorstellte

Die Vermuthungen älterer und neuerer Geologen, daß Malta's drei Eilande nur die Spitze eines großen versunkenen Landes, wahrscheinlich des von den Alten häufig erwähnten und gewiß nicht außerhalb ihres bekannten beschränkten Kontinent[s] gelegenen Atlantis seyen, muß sich jedem Reisenden aufdringen, der hierher kömmt. [...] Wenn Plato nicht ebenso viel Dichter als Philosoph wäre, so könnte man glauben, er habe sein Atlantis auf seinen Reisen wenigstens aus guten Traditionen geschöpft, und darauf mit allem Grund atlantische Hypothesen und von der antidiluvianischen Zeit der Inseln sprechen wollen. Es sey mir erlaubt, das Wichtigste aus den Dialogen das auf die Behauptung [,] auch zu Sokrates Zeit habe man Malta für Atlantis angesehen, Bezug hat, hieher zu sezen.

Unser Philosoph sagt: "Atlantis bekam seinen Namen von seinem König Atlantis [?; d. Red.]. Es hatte aber zehn Könige, die über zehn Bezirke oder Länder herrschten und das Volk in großer Unterwürfigkeit hielten. die Insel war 3000 Stadien lang und 2000 breit, sie erstreckte sich von Lybien bis nach Ägypten und reichte mit ihrem nördlichen Ende an Etrurien. [1] Es waren viele Flüsse darin und ein Kanal theilte sie in mehrere Theile, in deren jedem eine Hauptstadt war."

Er spricht auch von einem gemeinschaftlichen Neptun-Tempel, der ein ganzes Stadium lang war und einer Neptunsäule in der Mitte des Landes,die an die ägyptischen Kolosse erinnert. Wahrscheinlich hat ihm davon geträumt, wie von seiner Göttin Ananke. Wichtiger ist, was Strabo an einem Orte von der einstmaligen Einheit und dem Zusammenhang der drei Welttheile sagte, was Ovid in seinen Metamorphosen von der Verbindung Siciliens mit Italien singt:

- "Zancle quoque juncta fuisse dicitur Italiae."

Und endlich, was Claudian, Sallust und Seneca sagen, denen ich eine Stelle des Virgils beisetze, die, im dritten Gesang der Aaeneide, also lautet:

"Haec loca, vi quondam et vasta convulsa ruina,
Tantum aevi longinqua valet mutare vetustas!
Dissiluisse ferunt: quam protenus ultraque tellus
Una foret, venit medio vi pontus et undis,
Hesperium siculo latus abscidit arvaque, et urbes
Littore diductas angusta interluit aestu."

Daß Atlantis, wie einige behaupten, da gelegen habe, wo jetzt das atlantische Meer ist, kann ich des Namens wegen nicht glauben. haben doch die Alten ihre Unterwelt nach und nach, wie sich ihre Kenntnisse und ihre Grographie erweiterte[n], aus Griechenland nach Italien und Spanien (Iberien) verlegt, warum sollte es sich nicht mit diesem antidiluvianischen Reiche ebenso verhalten? Atlantis galt den Griechen des Homers für das äußerste Ende der Erde, es war zufolge Hesiod von einem der von Zeus erschlagenen Titanen bewohnt und also, da diese in den Tartarus geschleudert worden, das Reich der Unterwelt, mit anderen Worten: das finstere unbekannte damalige Weltende, der Ocean. Dieser ist aber mit der Schifffahrt und der ganzen Mythologie successive bis über die Säulen des Hercules hinausgeschoben worden. Iberia und ultima terra waren gleichbedeutende Ausdrücke.

Ich könnte noch mancherlei Beweise und Vermuthungen hier anführen, die der maltesisch-arabische Gelehrte Antonio Ciantar in einigen Folianten zusammenstellte und kommentierte; allein dann würde ich noch langweiliger, als ich schon geworden bin. Meine Absicht war jedenfalls, die Dissertation mit einem Kernschriftsteller zu schließen, der alle Uebrigen durch seine Angaben ersetzt und bei uns im Norden so gut wie nicht bekannt ist. Der Mann heißt Eumalos von Cyrene und er sagt klar und deutlich, Malta sey gleichbedeutend mit Ogygia, Atlantis und Decapolis, - wem fällt bei diesem Decapolis das Land der zehn Städte und Könige des Plato nicht wieder ein? - es sey von Ninus, dem König von Babylon, der ein Enkel Ogyges, ihres ersten Königs, gewesen, nach der großen Ueberschwemmung bevölkert worden, und habe seit der Zeit nur aus den Spitzen der von den Fluten übriggelassenen Gebirgskulme bestanden. Er ist der Meinung, die Phönicier hätten das Land kolonisirt.


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag des "deutschen Anacharsis" (wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt, war bisher noch nicht zu ermitteln) wurde seinem 1839 erschienenen "Handbuch für gebildete Reisende durch Südfrankreich, die Schweiz, Italien und Griechenland bis Corfu, Band 2" entnommen (S. 109-112). Redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de nach der digitalisierten Version des Buches bei Google Books. Die antiquierte Schreibweise wurde beibehalten. Auslassungen und Hinzufügungen in eckigen Klammern. Die Überschrift "Malta war Atlantis" wurde von uns hinzugefügt.

Fußnote:

  1. Fußnote des Verfassers: Plato nahm also wohl an, daß Sicilien, Corsica und Sardinien ebenfalls überbleibsel des Atlantis gewesen. nach ihm taxirt sie Barthelemy zu 93.750 Quadratmeilen.

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