Robert von Heine-Geldern

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Forscherportrait

Abb. 1 An der Universität Wien begann Robert von Heine-Geldern seine akademische Lehrtätigkeit.

(red) Robert (von) [1] Heine-Geldern (* 16. Juli 1885 in Grub (Niederösterreich); † 25. Mai 1968 in Wien) war ein österreichischer Ethnologe und Archäologe, der als Begründer der modernen Südostasienwissenschaft gilt. [2] In Wien lehrte er Völkerkunde sowie Archäologie Indiens und Südost-Asiens. R. Heine-Geldern vertrat die Annahmer früher interkontinentaler Kulturbeziehungen zwischen 'Alter' und 'Neuer Welt' (Diffusionismus), zu dessen bedeutendsen Vertretern und Erneuerern er zu zählen ist.

Robert von Heine-Geldern studierte zunächst an der Universität München, dann Kunstgeschichte und Ethnographie bei Wilhelm Schmidt [3] an der Universität Wien. 1910 reiste er zu Studienzwecken in das Grenzgebiet von Indien und Myanmar (damals: Birma). Dort forschte er über die lokale Bevölkerung und verfasste seine Dissertation von 1914 zu den Gebirgsstämmen im nordöstlichen Birma.

Während des Ersten Weltkriegs leistete der zwischenzeitlich nobilitierte 'Baron und Freiherr von Heine-Geldern' seinen Militärdienst ab. Danach arbeitete er am Naturhistorischen Museum in Wien. Bereits zu dieser Zeit kultivierte er in Bezug auf seine Forschungen einen interdisziplinären Ansatz, indem er ethnologische, prähistorische und archäologische Konzepte kombinierte. Ab 1927 lehrte er an der Universität Wien Anthropologie Südostasiens, wo er im Jahre 1931 zum Professor ernannt wurde.

Nach dem Einmarsch deutscher Wehrmachts-, SS- und Polizeieinheiten am 12. März 1938 in Österreich und der darauf folgenden, faktischen Annexion seines Heimatlandes durch das nationalsozialistische Deutsche Reich war Robert von Heine-Geldern als Sproß einer jüdischen Familie gezwungen, ins Exil zu gehen. Er übersiedelte in die USA, wo er er ab 1938 als Flüchtling in New York City lebte. Dort arbeite er am American Museum of Natural History und lernte dessen Kurator Gordon F. Ekholm näher kennen, der seine diffusionistischen Auffassungen teilte.

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Abb. 2 Robert von Heine-Geldern war fest davon überzeugt, dass die alten Kulturen Mesoamerikas Amalgame aus amerinden und diversen asiatischen Komponenten darstellten.

Gemeinsam mit ihm arbeitete Heine-Geldern daran, "durch den Vergleich asiatischer und amerikanischer Kulturerscheinungen wie Kunststile, Kunstmotive, Kalender und polytheistische Vorstellungssysteme indirekt nachzuweisen, daß die Kulturen Amerikas sich unter Einfluß und im Kontakt mit den Hochkulturen der Alten Welt entwickelt hatten." [4] Unter anderem organisierten die beiden Forscher 1948, anlässlich des International Congress of Americanists in New York, eine Ausstellung, auf welcher sie Artefakte aus der 'Alten' und 'Neuen Welt' mit verblüffenden Gemeinsamkeiten präsentierten. [5] Bereits Ende Juli 1941 hatte Heine-Geldern, zusammen mit Margaret Mead, Ralph Linton, Adriaan J. Barnouw und Claire Holt das East Indies Institute of America (später Southeast Asia Institute) gegründet. [6] Im Jahr 1950 kehrte er nach Wien zurück, wo er das Institut für Völkerkunde neu aufbaute.

Mit seinen Beitrag „Südostasien“ in G. Buschans Illustrierten Völkerkunde (1923) hat Robert von Heine-Geldern das Feld der Südostasienstudien eröffnet. [7] Seine Werke „Die Megalithen Südostasiens“ (1928) und der Aufsatz „Conceptions of State and Kingship in Southeast Asia (Konzepte von Staat und Königtum in Südostasien)“ (1942) sind heute Klassiker. Wissenschaftsgeschichtlich betrachtet gehört er - neben Ekholm, Alexander von Wuthenau, Vere Gordon Childe, Paul Kirchhoff und wenigen anderen Forscherpersönlichkeiten der Mitte des 20. Jahrhunderts - zu den Schlüsselfiguren bei der Modernisierung des Diffusionismus, der zu seiner Zeit in er Ethnologie bereits als 'verpönt' galt. Als einziger der bekannten Diffusionisten der 'Alten Schule' [8] war er entscheidend daran beteiligt, den Diffusionismus aus der theoretisch-methodischen 'Sackgasse' herauszuma­nö­v­rie­ren, in der dieser sich damals befand. [9]

Robert von Heine-Geldern war Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Royal Asiatic Society, des Royal Anthropological Institute und der École française d’Extrême-Orient. Im Alter von 83 Jahren starb er am 25. Mai 1968 in Wien im Alter von 83 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls. [10]


Publikationen (Auswahl)

  • Gibt es eine austroasiatische Rasse? Archiv für Anthropologie (XLVI), 1921, S. 79–99
  • Südostasien. In G. Buschan (Hrsg.): Illustrierte Völkerkunde Strecker und Schröder, Stuttgart 1923, II, i, S. 689–968
  • Die Megalithen Südostasiens und ihre Bedeutung für die Klärung der Megalithenfrage in Europa und Polynesien. Anthropos (XXIII), 1928, S. 276–315
  • Urheimat und früheste Wanderungen der Austronesier. Anthropos (XXVII), 1932, S. 543–619
  • Die Wanderung der Arier nach Indien in archäologischer Betrachtung, in: FORSCHUNGEN UND FORTSCHRITTE. Nachrichtenblatt der deutschen Wissenschaft und Technik. 1937, Nr. 26/27
  • "Bronzegerate auf Flores", in: Anthropos (XLIX), 1954, S. 683-685
  • "Herkunft und Ausbreitung der Hochkulturen", in: Almanach der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, 1955, S. 105
  • Conceptions of State and Kingship in Southeast Asia. Far Eastern Quarterly (II), 1942, S. 15–30 Revised version: Ithaca: Southeast Asia Program Data Paper #18, Cornell University, 1956
  • "Steinurnen- und Tonurnenbestattung in Stidostasien", in: Der Schlern (No. 32), 1958, S. 135-138
  • Das Megalithproblem. In: Beiträge Österreichs zur Erforschung der Vergangenheit und Kulturgeschichte der Menschheit - Symposium 1958. Wenner-Gren Foundation, New York 1959, S. 162–182

Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag basiert auf dem Lemma "Robert von Heine-Geldern" bei Wikipedia - Die freie Enzykopädie (Stand: 03.01.2014). Redaktionelle Bearbeitung und Erweiterung des Textes sowie Illustration durch Atlantisforschung.de.

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Robert Heine-Geldern wurde - im Auftrag des letzten österreichischen Kaisers - von der Universität Wien mit verschiedenen Orden dekoriert. Zudem war er Träger der Medaille des Viking Fund der Wenner-Gren Foundation for Anthropological Research. Für seine Verdienste wurde er nobilitiert, d.h. in den Adelsstand erhoben. Kaiser Franz Josef I. verlieh ihm und seinen Nachkommen den Titel „Baron und Freiherr von“, mit dem Namenszusatz „von Geldern“, dem Familiennamen seiner Mutter. Allerdings wurde der Adelsstand in Österreich am 3. April 1919 abgeschafft, im Gegensatz zu Deutschland, wo im selben Jahr lediglich die Adelsprivilegien aufgehoben wurden. Daher ist in späteren Publikationen aus Deutschland von ihm zumeist als Robert von Heine-Geldern die Rede, während er in österreichischen Veröffentlichungen 'bürgerlich' >Heine-Geldern< genannt wird.
  2. Siehe: Claire Holt, "In Memoriam: Robert Heine-Geldern, Indonesia, Vol. 6, Oktober 1968, S. 188–192
  3. Anmerkung: Wilhelm Schmidt war Begründer der „Wiener Schule“ der Kulturkreislehre, die - neben der heliozentrisch orientierten 'British Sohool' um Grafton Elliot Smith und William James Perry - eine der wesentlichen Richtungen des 'klassischen' Diffusionismus repräsentierte.
  4. Quelle: Cornelia Giesing, "Das vorkolumbische Amerika in circumpazifischer Sicht" (online als PDF-Datei, 4,88 MB), aus: Wolfgang Stein (Hrsg.); Staatliches Museum für Völkerkunde - München, "KOLUMBUS oder wer entdeckte Amerika?", München (Hirmer Verlag), 1992 (S. 38-68), ISBN 3-7774-6060-5
  5. Quelle: Science Encyclopedia, unter: Cultural Diffusion - Elaboration (abgerufen: 23.11.2012; nicht mehr online)
  6. Siehe: Claire Holt', op. cit. (1968)
  7. Siehe: ebd.
  8. Anmerkung: Damit ist nicht nur die so genannte 'Wiener Schule' der Kulturkreislehre gemeint, sondern sämtliche Formen des 'klassischen' Diffusionismus des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Siehe dazu z.B.: Rebecca Miller, "Historical Foundations of Diffusion", 2001; online als PDF-Datei (47,78 KB); abgerufen: 03.01.2014. Siehe bei Atlantisforschung.de auch: Gail King und Meghan Wright, "Historische Forscher-Persönlichkeiten des Diffusionismus"
  9. Anmerkung: Was allerdings nichts daran geändert hat, dass der Diffusionismus auch in seinen modernen Ausformungen in der fachwissenschaftlichen Ethnologie bzw. Anthropologie des universitären Bezirks weitgehend ignoriert wird.
  10. Siehe: Claire Holt, op. cit. (1968)

Bild-Quellen:

1) Photoartvienna bei Wikimedia Commons, unter: File:20120401 Universität Wien 08.jpg
2) Yavidaxiu und Juan Miguel bei Wikimedia Commons, unter: File:Mesoamérica.png