Säulen des Herakles

Abb. 1 Nach klassischer Auffassung lagen die Säu- len des Herakles zwischen Iberien und Nordafrika und markierten das west- liche Ende der bekannten Welt.

(bb) Bei den so genannten Säulen des Herakles (lat.: Herculis columnae) handelt es sich um einen historisch-geographischen Begriff, der aus atlantologischer Sicht von besonderer Bedeutung – und mithin unter Atlantisforschern höchst umstritten - ist, da er einen der wenigen direkten, aber interpretationsfähigen, Hinweise zur geographischen Atlantis-Lokalisierung darstellt, die Platon dazu in seiner Atlantida hinterlassen hat.

Bei Wikipedia heißt es über sie: "Als Säulen des Herakles (altgriechisch αἱ Ἡράκλειοι στῆλαι hai Herakleioi stēlai) bezeichnete man im Altertum den Felsen von Gibraltar (lat. Calpe) im Süden der Iberischen Halbinsel und den Berg Dschebel Musa in Marokko, westlich der spanischen Exklave Ceuta. (Abb. 1) Andere Quellen bezeichnen Abyle (lat. mons Abila) unmittelbar beim spanischen Ceuta in Nordafrika, welcher heute als Monte Hacho bekannt ist, als die südliche Säule des Herakles.

Die Phönizier, welche die Meerenge auf ihren Entdeckungsfahrten um 1100 v. Chr. erreichten, bezeichneten die beiden das Mittelmeer begrenzenden Vorgebirge nach ihrem Sonnengott als Säulen des Melkart. Der Name des Gottes wurde später von den Griechen durch den griechischen Herakles ersetzt. Sie formulierten weiterhin, diese Meerenge würde das Ende der Welt bilden und wäre einst von Herakles gesetzt worden. So sind es jene Säulen, die den Himmel tragen, also Atlas. Diesen suchte Herakles auf, um die Äpfel der Hesperiden zu erhalten. Weil er dafür kurz dem Atlas dessen Last abnahm, nannte man diese Säulen des Herakles." [1]

Dieser klassischen Verortung der 'Herkulischen Säulen' im äußersten Westen des Mittelmeers folgt traditionell ein Großteil der Atlantologic community. Insbesondere die 'Atlantiker', die das historische Atlantis im oder am Atlantik vermuten, legen Platons Aussagen entsprechend aus. So heißt es z.B. im Dialog 'Timaios' (24c-25b), die Athener hätten einst einer gewaltigen "Heeresmacht" Einhalt geboten, "welche im Atlantischen Meere ihren Ausgangspunkt hatte und von außenher übermütig gegen ganz Europa und Asien heranzog. Damals war jenes Meer nämlich noch schiffbar, denn vor dem Eingang, der, wie ihr sagt, die Säulen des Herakles heißt, befand sich eine Insel als Asien und Libyen zusammengenommen, von welchen den damals Reisenden der Übergang zu anderen Inseln und dem ganzen gegenüberliegenden Festland, an jenem wahren Meer, möglich war. Denn das Gebiet hier, welches innerhalb jenes Eingangs, von dem wir sprechen, liegt, erscheint nur als eine Bucht mit einer schmalen Einfahrt. Jenes aber muß wirklich als Meer und das es umgebende Land mit vollstem Recht als Festland bezeichnet werden." [2]

Fehler beim Erstellen des Vorschaubildes: Datei fehlt
Abb. 2 Siegfried u. Christi- an Schoppe gehen davon aus, dass mit den platoni- schen Säulen des Herakles der Bosporus gemeint war.

Und im 'Kritias' (108e) erklärt Platon: "Vor allem wollen wir uns erinnern, daß zusammengenommen neuntausend vergangen sind, seitdem, wie berichtet wurde, der Krieg zwischen den außerhalb der Säulen des Herakles (tois th´ hypèr Herakleias stéles éxo katoikousin) und den innerhalb derselben Wohnenden stattfand, von dem ich jetzt ausführlich berichten will." [3]

Kein Wunder also, dass die atlantologischen 'Atlantiker' in dieser Darstellung eine recht präzise geographische Beschreibung des atlanto-mediterranen Großraums sehen, der zufolge sich Atlantis irgendwo jenseits der Straße von Gibraltar, im Atlantischen Ozean oder an seinen Küsten, befunden haben muss. Allerdings war der sagenhafte Herakles, wenn man die Mythen und Legenden zugrunde legt, die sich um ihn und seine Taten ranken, ein vielgereister Mann, der eine ganze Reihe derartiger 'Säulen' als Zeichen seiner zahlreichen Siege und Heldentaten hinterlassen hat.

So bemerkt man auch bei Wikipedia, dass bereits in der Antike alternative Lokalisierungen der 'Herkulischen Säulen' kursierten: "Im Widerspruch zu dieser frühzeitlichen Auffassung steht allerdings die Erwähnung dieser Säulen in der Germania des Tacitus, der diese im Gebiet der Friesen vermutete. Auch nach Apollodor befanden sich diese Säulen im Land der Hyperboreer, mithin im Norden, so dass sie ebenso gut in der Nordsee bei Helgoland gelegen haben könnten." [4] Und Siegfried G. Schoppe sowie Christian Schoppe merken an: "Der römische Gelehrte Servius stellt um 400 nach Christus fest: >Durch die Säulen des Herakles fahren wir im Schwarzen Meer wie auch in Spanien<." [5]

Abb. 3 Nach Prof. Dr. Axel Hausmann befanden sich die Säulen des Hera- kles einst auf heute über- fluteten Landzungen von Tunesien und einer sizilia- nisch-maltesischen Groß- insel - seinem Atlantis.

Die beiden Wissenschaftler führen die von Servius erwähnten 'Säulen' am Bosporus (Abb. 2) als Indiz für die von ihnen verfochtene Lokalisierung von Atlantis im Schwarzen Meer an, welche sie 2004 in ihrem Buch 'Atlantis und die Sintflut' der Öffentlichkeit vorgestellt haben. Ganz in der Nähe, nämlich an den Dardanellen, hat bereits 1992 der Geoarchäologe Dr. Eberhard Zangger die Säulen des Herakles ausgemacht, um damit seine These zu untermauern, dass Atlantis dem spätbronzezeitlichen Troja entspricht. [6]

Zu den 'Revisionisten' unter den Atlantis-Autoren, welche die Säulen des Herakles zur Stützung ihrer Atlantis-Lokalisierungen - vom Atlantik weg - in die Gestade des Mittelmeer-Raums verlegen, gehört auch Sergio Frau aus Italien. Der leitende Kulturredakteur und Mitbegründer der bekannten Tageszeitung La Repubblica verortet sie in der heutigen 'Straße von Sizilien', und vertritt in seinem, 2009 in Deuschland erschienenen, Buch 'ATLANTIKA' die Annahme, Sardinien sei mit Platons Atlantis identisch.

Beide Annahmen Fraus sind, wie Kenner der Materie wissen, keineswegs neu oder originär - auch wenn er in seinem Buch diesen Eindruck erwecken mag. So hat bereits vor mehr als fünf Jahren der Amerikaner Robert Paul Ishoy die Insel Sardinien mit ihrer geheimnisvollen, prähistorischen 'Nuraghe-Kultur' als Atlantis-Kandidatin ins Gespräch gebracht [7] Und was die 'Straße von Sizilien' angeht, so vermutete der Aachener Physikprofessor Axel Hausmann - der Atlantis als prädiluvialen, sizilianisch-maltesischen Großinsel identifiziert - bereits im Jahr 2000 [8] eine Verwechslung der heutigen Straßen von Gibraltar und Sizilien durch Solon.

Fehler beim Erstellen des Vorschaubildes: Datei fehlt
Abb. 4 Ulrich Hofman vermutet die Säulen des Herakles am Golf von Gabes.

Bei Hausmann heißt es dazu: "Die Ortsangabe >bei den Säulen des Herakles< verweist auf die nordafrikanische Küste gegenüber von Sizilien. Solon wusste allerdings nicht, wo diese Landschaft lag und verlegte sie infolgedessen in den äußersten Westen der den Griechen bekannten Welt an. Solons mangelhaftes geografisches Wissen bewirkte so, dass die Hellenen die Insel Atlantis samt ihrer Lagebeschreibung bei den Säulen des Herakles mit der sagenhaften Insel der Seligen gleichsetzten und beide Eilande an den äußersten westlichen Rand der bewohnten Welt verlegten." [9]

Eine weitere Lokalisierungs-These zu den Säulen des Herakles - und zu Atlantis, die wir hier abschließend vorstellen wollen, stammt von Ulrich Hofmann, der davon ausgeht, dass das von Platon im Timaios erwähnte "Atlantische Meer" nicht mit dem Atlantischen Ozean identisch sei: "Noch vor wenigen tausend Jahren scheint südlich des Maghrebs ein ausgedehntes Binnenmeer existiert zu haben (Abb. 4) , das durch das Wasser zahlreicher Zuflüsse gespeist wurde. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich hierbei um das Atlantische Meer Platons. Weite Teil des östlichen Maghrebs bilden somit eine Insel bzw. Halbinsel. Die ursprünglichen >SÄULEN DES HERAKLES< waren demzufolge eine Bezeichnung der Meerenge im Golf von Gabes, im Süden Tunesiens." [10]


Anmerkungen und Quellen

  1. Quelle: Wikipedia – Die freie Enzklopädie, Stichwort: Säulen des Herakles (Stand: 09.07.09); Hervorhebung durch die Red.
  2. Quelle: Übersetzung von Auszügen aus Platons Dialog 'Timaios' aus dem Altgriechischen von Jürgen Spanuth, in: Die Atlanter - Volk aus dem Bernsteinland, 6. Aufl. 1998, S. 451; Hervorhebung durch die Red.
  3. Quelle: Übersetzung von Auszügen aus Platons Dialog 'Kritias' aus dem Altgriechischen von Jürgen Spanuth, in: Die Atlanter - Volk aus dem Bernsteinland, 6. Aufl. 1998, S.454,455; Hervorhebung durch die Red.
  4. Quelle: Wikipedia – Die freie Enzklopädie, Stichwort: Säulen des Herakles (Stand: 09.07.09)
  5. Quelle: Prof. Dr. Siegfried G. Schoppe und Christian Schoppe, MBA, Atlantis und die Sintflut - Warum Atlantis keine Insel ist und warum Atlantis nicht im Atlantik liegt (Hervorhebung durch Atlantisforschung.de)
  6. Siehe: Eberhard Zangger, Atlantis. Eine Legende wird entziffert, Knaur, München 1992; ders. im Internet: Atlantis - der versunkene Kontinent?; vergl. bei Atlantisforschung.de auch: Troja - das Zangger´sche Atlantis (red)
  7. Siehe: Robert Paul Ishoy, Atlantis Discovered; sowie bei Atlantisforschung.de: ders.: Atlantis auf Sardinien (Die These) und: Atlantis auf Sardinien - Die These des Robert Paul Ishoy (red)
  8. Siehe: Axel Hausmann, Atlantis - Die versunkene Wiege der Kulturen, Books on Demand, 2000
  9. Quelle: Axel Hausmann, ATLANTIS WAR SIZILIEN - Vom Mythos zur Realität (Atlantisforschung.de); Hervorhebungen durch die Red.
  10. Quelle: Ulrich Hofmann, Platons Insel Atlantis, Norderstedt 2004, S. 62


Bild-Quellen

(1) http://www.broman.at/atlantis.html (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)

(2) Prof. Dr. Siegfried G. Schoppe und Christian Schoppe, MBA, Atlantis und die Sintflut - Warum Atlantis keine Insel ist und warum Atlantis nicht im Atlantik liegt

(3) Axel Hausmann, ATLANTIS WAR SIZILIEN - Vom Mythos zur Realität (Bildbearbeitung durch Atlantisforschung.de)

(4) Ulrich Hofmann, Platons Insel Atlantis, Norderstedt 2004, S. 62