Türkische Wissenschaftler halten ihr Versprechen und retten ABORA IV

von Dr. Dominique Görlitz

Abb. 1 Die bereits rückgebaute ABORA IV im Hafen von Kaş vor ihrer jetzt erfolgten Bergung durch türkische Archäologen

Ziemlich genau fünf Wochen nach der Ankunft der ABORA IV (Abb. 1) im türkischen Kaş fand heute die Bergung des Schilfbootes statt. Damit ist die ABORA IV de facto am Ende ihrer maritimen Mission angekommen und wird nun auf ihre künftige Rolle als Museumsschiff vorbereitet. Die Arbeit, vor allem auch der logistische Aufwand, den die türkische Archäologin Prof. Dr. Havva İşkan (Abb. 2) und ihr Team von der Akdeniz Universität, Antalya, schon jetzt bewältigt haben, ist nicht genug zu würdigen.

Es war heute bereits der zweite Versuch einer Bergung des Schiffs. Letzte Woche versagte eine erste Eisenkonstruktion als Träger für die Schiffsbergung. Sie hielt im ersten Anlauf dem enormen Gewicht unseres nach steinzeitlichen Vorlagen konstruierten Schilfbootes nicht stand. Also musste eine noch stabilere Unterkonstruktion durch die türkischen Archäologen angefertigt werden. Dafür wurden noch letzte Woche eigens aus der Hafenstadt Izmir große Stahlträger nach Kaş transportiert. Sie wurden von den Spezialisten der SETUR-Marina in Kaş zusammengeschmiedet. Zu diesem Zweck haben wir auch viele Male telefoniert, um den türkischen Kollegen unsere Erfahrungen im Transport von Schilfbooten mit an die Hand zu geben.

Abb. 2 Die Archäologin Prof. Dr. Havva İşkan

So wurde für die Stützung der sensiblen Vorder- und Achtersteven eigens der Rahmen erhöht, um so ein besseres Auflager für den Rumpf zu bauen. Am Montag den 23.10.2019 war es dann so weit: In den Nachmittagsstunden fuhr ein Travelerlift mit der neuen Konstruktion unter den schweren Schilfrumpf, der nach unseren Schätzungen seit dem Stapellauf mindestens 35 t Wasser aufgenommen hatte. Doch dieses Mal gelang das Anheben des Schilfrumpfes samt Wasser und Eisenkonstruktion auf Anhieb. Alles hielt den Belastungen stand. Das Team barg sorgfältig das Schilfboot, das mittlerweile gereinigt auf der Palette steht und nun unter türkischer Sonne weiter trocknen soll. Noch diese Woche werden weitere Reinigungsarbeiten folgen, ehe das weitgereiste Schilfboot in die archäologische Stätte von Patara überführt wird.

Patara ist ein ganz besonderer Ort an der Südwestküste der Türkei, etwa 100 km Luftlinie von Antalya entfernt. Es war die Hauptstadt des Lykischen Bundes und der bedeutendste Hafen dieser Landschaft. Kleinfunde belegen eine prähistorische Besiedlung schon für die Zeit des Chalkolithikums und der frühen Bronzezeit. Zudem war Patara die Geburtsstadt des Heiligen St. Nikolaus, dem ‚Beschützer der Seefahrer‘, und avancierte zum wichtigsten Hafen an der kleinasiatische Küste zu Zeiten der Römer, die den Getreidehandel vom Niltal über Patara in die Hauptstadt des römischen Imperiums vermittelten.

An dieser prominenten Stelle wird der Segler noch im November 2019 wieder zusammengesetzt und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zuvor erfolgt auch noch eine professionelle Konservierung durch türkische Spezialisten. Aus diesem Grund sind wir als ABORA-Team im besonderen Maß den Außen-, Kultur- und Tourismusminsterien in Ankara zu Dank verpflichtet, die keine Kosten und Mühen scheuen, unser internationales Forschungsschiff für die Zukunft zu retten und einem großen Publikum vorzuführen. Auch ich werde für die Instandsetzungsarbeiten noch Ende November nach Patara reisen, um unseren türkischen Freunden als Berater zur Seite zu stehen.

An dieser Stelle möchte ich nochmals die besondere Bedeutung unseres Projektes für Völkerverständigung und kulturellen Austausch hervorheben. Wir segelten ja unter dem Motto: Sailing for Peace! Dabei sind kulturelle Vielfalt, Internationalismus und Kooperation über staatliche Grenzen hinweg zentrale Erfolgsvoraussetzungen für Projekte wie das unsere. Erfolge dieser Art sind sind stets das Resultat des harmonischen Zusammenspiels der Partner und Mitstreiter aus allen beteiligten Ländern. Das ABORA IV-Projekt hat zur Erfüllung seiner wissenschaftlichen Aufgaben genau diese Grundsätze beherzigt und dem Motto der Expedition alle Ehre gemacht. In diesem Sinne auch nochmals großer Dank an unsere internationalen Partner, insbesondere an unsere Freunde in der Türkei, die uns bei der Befahrung des Bosporus, in Çanakkale und in Kaş so hilfreich zur Seite standen!


Anmerkungen und Quellen

Nachricht von Dr. Dominique Görlitz vom 28. Oktober 2019, 20:52 Uhr, an Bernhard Beier, Atlantisforschung.de

Bild-Quellen:

1) Bild-Archiv Mission ABORA
2) antalyakadinmuzesi.org, unter: HAVVA İŞKAN IŞIK