Zyklizität

Definition

(red) Der Begriff Zyklizität (von Zyklus - altgr. κύκλος / kýklos, d.h. 'Kreis') bezeichnet eine periodisch auftretende - also: zyklische - Wiederkehr spezieller Ereignisse, Phänomene oder Zustandsformen.

Abb. 1 Der große Athener Philosoph Aristokles alias Platon. Sein berühmter Atlantisbericht stellt ein Demonstrations-Beispiel für die Zyklizität der Zivilisationsgeschichte dar.

Verwendung

Im Bereich der alternativen Ur- und Frühgeschichtsforschung findet der Ausdruck Zyklizität vor allem Verwendung in Bezug auf:

a) Theorien zur vermuteten Zyklizität der menschlichen Zivilisationsgeschichte

Während in der offiziellen universitären (schulwissenschaftlichen) Vergangenheitsforschung allgemein die Vorstellung einer linearen, mehr oder weniger gleichförmig verlaufenen Zivilisationsgeschichte der Menscheit vertreten wird [1], die erst vor ca. sechstausend Jahren im Gebiet des so genannten 'fruchtbaren Halbmonds' bzw in Mesopotamien begonnen haben und von einer stetigen Höherentwicklung gekennzeichnet sein soll, wird von VertreterInnen der alternativen Ur- und Frühgeschichtsforschung häufig ein weitaus höheres Alter menschlicher Zivilisationsgeschichte [2] sowie deren Zyklizität vermutet.

Diese Vorstellung vertrat bereits im klassischen Altertum, eingebettet in sein umfassendes ideen-metaphysisches Verständnis von Zyklizität [3] der Athener Philosoph Platon. (Abb. 1) In seinem Dialog Nomoi (677a) stellte er dar, dass die Kenntnis der Metallbearbeitung und andere Errungenschaften entwickelter Menschheits-Kultur (Städtebau, staatliche Ordnung usw.) offenbar bereits "tausendmal Tausende von Jahren" vor seiner Zeit erxistierten, die entsprechenden Kulturen dann jedoch wieder "gänzlich untergegangen seien".

Vermutlich inspiriert durch entsprechende Vorstellungen in den Kulturen des alten Persiens und Indiens [4] skizzierte Platon das Bild einer Menschheit, die in ihrer kulturellen Entwicklung immer wieder durch Kataklysmen und Ekpyrosen zurückgeworfen wurde und quasi 'bei Null' wieder neu beginnen musste (Palingenesis). Auch in seinen Dialogen Timaios und Kritias behandelt er dieses Thema, wobei er das Schicksal des sagenhaften Atlantis als exemplarisches Beispiel für das Werden, die Entwicklung und das Vergehen vorzeitlicher Zivilisationen darstellt.

Abb. 2 Professor Sir Fred Hoyle (1915-2001). Anfang der 1990er Jahre machte er die Vorstellung einer Zyklizität kataklysmischer Impakt-Ereignisse auch einem größeren Publikum außerhalb der scientific community bekannt. (Foto: Cardiff University)

Platons diesbezügliche Vorstellungen und viele, rund um die Welt zu findende, mythische Überlieferungen alter Völker über eine Abfolge mehrerer Welt- und Menschheits-Zeitalter, die jeweils durch große Katastrophen beendet wurden, liegen, flankiert durch eine ganze Reihe krypto-archäologischer Funde, zahlreichen modernen primhistorischen Hypothesen, Theorien und Modellen zur Zivilisationsgeschichte zugrunde.

sowie:

b) im Zusammenhang mit der Annahme einer Zyklizität kataklysmischer Ereignisse im Rahmen neo-katastrophistischer Modelle.

Durchaus mit der oben dargestellten Thematik in Zusammenhang stehend, aber vorwiegend auf modernen naturwissenschaftlichen Überlegungen und Erkenntnissen basierend, ist die neo-katastrophistische Vostellung zyklisch auftretender Großkatastrophen aufgrund kosmischer Ursachen, welche die Erd- oder auch Menschheits- und Zivilisationsgeschichte maßgeblich beeinflusst haben sollen. Besonders prominent geworden sind die u.a. [5] von Marc Davis, Piet Hut und Richard A. Muller entwickelte Nemesis-Hypothese zur Erklärung des periodischen - in Abständen zwischen 26 und 33 Millionen Jahren erfolgten - massenhaften Artensterbens auf der Erde [6], und (mit menschheitsgeschichtlichem Bezug) das Modell des von Victor Clube und Bill Napier vertretenen 'Kohärenten Katastrophismus'.

1993 popularisierte der britische Physiker und Astronom Prof. Sir Fred Hoyle (Abb. 2) die Vorstellung einer kataklysmischen Zyklizität. Aufbauend auf Clubes und Napiers Modell entwickelte Prof. Hoyle ein cenokatastrophistisches Szenario periodischer Impakte, wobei er rezente Einschläge von Kometen-Fragmenten auf der Erde im Abstand von ca. 1600 Jahren vermutete und mit prähistorischen sowie geschichtlichen Ereignissen in Verbindung brachte. [7]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Die Formulierung "Zivilisationsgeschichte der Menschheit" ist nicht zu verwechseln mit Menschheitsgeschichte (Entwicklungsgeschichte der Menscheit), über deren vermuteten Verlauf es z.B. heißt: "Die Entwicklung des Menschen verlief - da drüber besteht in der Wissenschaft mittlerweile Einigkeit - nicht linear von einer Art zur nächsten bzw. nächsthöheren, sondern eher nach dem Muster eines Baumes mit zahlreichen Ästen, darunter auch >tote< Äste, wie z.B. der Neandertaler, der vor ca. 30.000 Jahren ausstarb und keine Höherentwicklung verzeichnete. Außerdem lebten oft zahlreiche Arten nebeneinander - so lebten beispielsweise in Sibirien vor 40.000 bespielsweise der moderne Mensch, der Neandertaler, der Homo floresiensis und ein erst im Jahr 2010 dort gefundener Urmensch." (Quelle: Entwicklung der Menschheit, bei: Goruma; abgerufen: 14.02.2014)
  2. Anmerkung: Fachsprachlich lässt sich diese Sichtweise auch als 'Zivilisationsgeschichtliches Tiefenzeit-Modell' darstellen. Der Begriff der 'Tiefenzeit' (engl.: deep time) ist dabei der geologischen Terminologie entlehnt. Es geht mit der Annahme einer ebenfalls weitaus älteren Menschheitdsgeschichte einher.
  3. Siehe dazu z.B.: Richard Schaeffler, "Die Struktur der Geschichtszeit", Frankfurt am Main (Vittorio Klostermann), 1963, S. 110 ff.
  4. Siehe dazu z.B.: Richard Garbe, "Die Samkhya-Philosophie: Eine Darstellung des indischen Rationalismus - nach den Quellen von Richard Garbe", Leipzig 1894
  5. Anmerkung: Unabhängig von Davis et al. diskutierten auch die Astronomen Daniel P. Whitmire und Albert A. Jackson IV 1984 diese Möglichkeit. Siehe: Dieselben, ""Are periodic mass extinctions driven by a distant solar companion? (NEMESIS)", in: Nature, 308, S. 713-715 (1984)
  6. Siehe: Marc Davis, Piet Hut, Richard A. Muller, "Extinction of species by periodic comet showers" in: Nature, April 1984, Seite 715 ff. Siehe online auch: Richard A. Muller "Nemesis", Lawrence Berkeley National Laboratory (abgerufen: 15.02.2014)
  7. Siehe: Fred Hoyle, "The Origin of the Universe and the Origin of Religion, Wakefield, R.I.: Moyer Bell, 1993 (Neuauflage 1997); in deutscher Sprache: Fred Hoyle, "Kosmische Katastrophen und der Ursprung der Religion", Insel-Verlag, 1997; siehe daraus online bei Atlantisforschung.de: "Eiszeiten und Kometen"

Bild-Quellen:

1) Vieux têtard bei Wikimedia Commons, unter: File:D369-platon.-L2-Ch8.png
2) Cardiff University / ESA, nach: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: Fred Hoyle