Christopher Gill

Forscher- und Autorenportrait

Abb. 1 Prof. em. Christopher Gill

(red) Der britische Altphilologe Prof. Dr. Christopher Gill (Abb. 1) lehrte bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2013 an der Universität Exeter "Ancient Thought" (Antikes Denken). Unter anderem war der Platon-Experte, der sich inzwischen auch intensiv mit der Philosophie des Stoizismus befasst, von 2000 bis 2003 Herausgeber von 'Plato', dem Internet-Journal der International Plato Society (IPS) sowie (in den Jahren 2003 bis 2008) Mitherausgeber von Phronesis - A journal for Ancient Philosophy. [1] Auch sollte erwähnt werden, dass Gill das Vorwort zu Alan F. Alfords 2001 erschienenem Buch "The Atlantis Secret" [2] beisteuerte. [3]

Er selber schrieb vor nicht allzu langer Zeit über seine Arbeit und einige von ihm verfasste Bücher: "Mein Forschungsgebiet ist [die] antike Philosophie oder [das] Denken [im Altertum], insbesondere Ethik und Psychologie. Meine jüngsten Bücher sind Marcus Aurelius Meditations Books 1-6, übersetzt mit einer Einleitung und einem Kommentar [4] und Naturalistic Psychology in Galen and Stoicism [5] Zwei frühere Bücher betrafen antike Vorstellungen von Persönlichkeit oder Selbst: The Structured Self in Hellenistic and Roman Thought [6] und Personality in Greek Epic, Tragedy, and Philosophy: The Self in Dialogue [7] [...] Letzteres Buch wurde 1997 mit einem Runciman Award ausgezeichnet. Ein weiterer Schwerpunkt ist die platonische Philosophie, insbesondere die Dialogform und Dialektik." [8]

Abb. 2 Das Front-Cover von Plato's Atlantis Story aus dem Jahr 2017. Ist es ein Zufall, das es genau die selbe Illustration aufweist, mit der auch die deutschsprachige Ausgabe von Pierre Vidal-Naquets atlantis-skeptischem Werk Atlantis - Geschichte eines Traums (1996) geschmückt ist? (Bild)

Zwischenzeitlich (2017) ist auch die stark überarbeite Neuauflage eines weiteres Buches von Christopher Gill mit dem Titel Plato's Atlantis Story: Text, Translation and Commentary [9] (Abb. 2) erschienen, mit dem der Autor nicht zuletzt seine Meinung bezüglich des Atlantis-Problems vorstellt - und sich als typischer akademischer Verfechter der Fiktionalitäts-These präsentiert. In einem Verlagstext lesen wir über das Werk, das offenbar als Lehrbuch zu verstehen ist:

"Dieses Buch soll alle für das Verständnis von Platos Atlantis-Geschichte relevanten Evidenzen bündeln und den griechischen Text der relevanten platonischen Texte (den Anfang von Platos Timaios und den unvollständigen Kritias) zusammen mit einem Kommentar zu Sprache und Inhalt und einem vollständigen Vokabularium griechischer Wörter liefern. Dieses unentbehrliche Werk bietet auch eine neue Übersetzung dieser Texte und eine umfassende Einführung.

Das Buch hat zwei spezielle Ziele. Die Einleitung bietet eine umfassende interpretative Lektüre der Atlantis-Geschichte, die sich auf die philosophische Bedeutung der Geschichte und die Bedeutung von Platos Präsentation konzentriert und auf die aktuelle wissenschaftliche Diskussion dieser Fragen eingeht. In Verbindung mit der neuen Übersetzung bietet diese Einführung einen Einstieg in eine faszinierende Geschichte für eine breite Leserschaft. Die Einleitung diskutiert auch die Frage, ob die Geschichte eine reale Grundlage hat, und beurteilt mögliche Verbindungen mit dem minoischen Kreta. Zweitens werden der griechische Text (der klassische Text von Oxford) und der Kommentar nebeneinander gestellt und in >mundgerechten< Stücken präsentiert, was es insbesondere für Schüler, die das Buch verwenden, einfacher macht, ihn zu benutzen, um ihr Griechisch zu verbessern. Die Anmerkungen bieten vollständige grammatische und sprachliche Hilfe sowie Hinweise auf den philosophischen Inhalt und die Präsentation, unterstützt durch die Übersetzung und das komplette Vokabular der griechischen Begriffe. Das Buch ist eine zweite Ausgabe von einem, das 1980 veröffentlicht wurde. Diese Ausgabe hat eine neue Übersetzung, eine viel umfassendere Einleitung, überarbeitete und aktualisierte Anmerkungen und ein neues Kommentarformat." [10]

Dies alles klingt höchst anspruchsvoll, und hinsichtlich seiner didaktischen Konzeption und deren Umsetzung mag das Buch durchaus zu loben sein, bemerkenswerte und belastbare neue Erkenntnisse im Sinne einer qualitativen Weiterentwicklung der Fiktionalitäts-These liefert es augenscheinlich nicht. Und das ist durchaus befremdlich, denn "Christopher Gill ist nicht irgendjemand", wie Thorwald C. Franke auf atlantis-scout.de bemerkt: "Man kann Christopher Gill ohne weiteres als einen weltweit führenden Vertreter der akademischen Atlantisskepsis bezeichnen." [11] Inhaltlich scheinbar Innovatives in diesem Buch entpuppt sich bei genauerem Hinsehen sogar als regelrechter 'Mumpitz'. So übernimmt Gill in der überarbeiteten Neuauflage von "Plato's Atlantis Story" (2017) wesentliche Aspekte der z.T. atlantologisch haltlosen Ansichten [12] der britischen Moralphilosophin Sarah Broadie. Er bekennt sich sogar "klar zu dem großen Einfluss von Broadie auf seine Sicht der Dinge, und verteidigt Broadies Hypothese gegen Zweifler als >powerfully argued< [13]. Irgendeine Form von Widerspruch gegen die völlig irrigen Thesen von Broadie formuliert Gill nicht." Und damit gelangt Franke zu dem vernichtenden Urteil: "Es ist traurig, auf welchem bedauerlichen Niveau die akademische Atlantisskepsis derzeit operiert." [14]


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Quelle: Christopher Gill, "Professor Christopher Gill - Emeritus Professor of Ancient Thought", bei University of Exeter (abgerufen: 27. Dezember 2017)
  2. Siehe: Alan F. Alford, "The Atlantis Secret - A Complete Decoding of Plato's Lost Continent", Eridu Books, 2001
  3. Quelle: Tony O’Connell, "Gill, Christopher", 7. Juni 2010, bei Atlantipedia.ie (abgerufen: 27. Dezember 2017)
  4. Siehe: Christopher Gill, "Marcus Aurelius: Meditations, Books 1-6", Oxford University Press, 2013
  5. Siehe: Christopher Gill, "Naturalistic Psychology in Galen and Stoicism",Oxford University Press, 2010)
  6. Siehe: Christopher Gill, "The Structured Self in Hellenistic and Roman Thought", Oxford University Press, 2006
  7. Siehe: Christopher Gill, "Personality in Greek Epic, Tragedy, and Philosophy: The Self in Dialogue", Clarendon Press, 1998
  8. Quelle: Christopher Gill, "Professor Christopher Gill - Emeritus Professor of Ancient Thought", bei University of Exeter (abgerufen: 27. Dezember 2017; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  9. Siehe: Christopher Gill, "Plato's Atlantis Story: Text, Translation and Commentary", Oxford University Press, 2017
  10. Quelle: o.A., "Plato's Atlantis Story: Text, Translation and Commentary - Christopher Gill", bei Liverpool University Press (abgerufen: 27. Dezember 2017; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  11. Thorwald C. Franke, "Sarah Broadie stößt mit völlig irrigen Thesen auf Akzeptanz bei Christopher Gill - Rezension und Bewertung dieser aktuellen Entwicklung der These von der Erfindung von Platons Atlantis", September 2017, bei atlantis-scout.de (abgerufen: 27. Dezember 2017)
  12. Siehe: Sarah Broadie, Truth and Story in the Timaeus-Critias, in: George Boys-Stones, Dimitri El Murr und Christopher Gill (Hrsg.), "The Platonic Art of Philosophy", Festschrift für Christopher Rowe, Cambridge / New York (Cambridge University Press), 2013, S. 249-268
  13. Siehe: Christopher Gill, 2017, S. ix, 7, u.v.a.
  14. Quelle: Thorwald C. Franke, op. cit. (September 2017)

Bild-Quellen:

1) Tony O’Connell, "Gill, Christopher" bei Atlantipedia.ie
2) Liverpool University Press / Bild-Archiv Atlantisforschung.de