Die Tafel von Dispilio

Eine schriftliche Botschaft aus dem Neolithikum

Abb. 1 A: Einige der gavierten Glyphen auf der Tafel von Dispilio sowie auf Töpferwaren aus der neolithischen Siedlung vom Kastoria-See. B: Bespiele für Linear A-Schriftzeichen. C: Beispiele für Schriftzeichen auf alteuropäischen Tontafeln.

(red) Bei der Tafel von Dispilio handelt es sich um ein offenkundig mit Schriftzeichen (Abb. 1) versehenes Holztablett, das 1993 von George Hourmouziadis (1932–2013) bei Ausgrabungen in der Nähe der heutigen Ortschaft Dispilio (Präfektur Kastoria) im Norden Griechenlands entdeckt wurde. Da das Objekt auf 7300 ± 40 BP oder 5260 ± 40 BC. C14-datiert wurde [1], gehören die darauf befindlichen Glyphen neben den Vinča-Zeichen zu den ältesten Beispielen postdiluvialen Schrifttums in Europa. [2]

Die Tafel von Dispilio ist Bestandteil des Fundguts aus einer neolithischen Seeufer-Siedlung (Abb. 2), die sich einst auf einer künstlichen Insel [3] im Kastoria-See befand. Diese Siedlung war bereits während des extrem trockenen Winters des Jahres 1932 entdeckt worden, als der Pegel des Sees stark absank und Spuren der Siedlung erkennbar wurden. Eine vorbereitende Untersuchung der Anlage wurde 1935 von Antonios Keramopoulos durchgeführt. Die eigentliche Ausgrabung begann 1992. Geleitet wurde sie von George Hourmouziadis, Professor für prähistorische Archäologie an der Aristoteles-Universität Thessaloniki.

Abb. 2 Eine Teilansicht der als Museumsdorf rekonstruierten Seeufer-Siedlung aus der Jungsteinzeit, in deren Überresten 1993 die Tafel von Dispilio entdeckt wurde

Die archäologische Fundstätte vom Kastoria-See scheint über einen langen Zeitraum hinweg besiedelt gewesen zu sein, nämlich von der Endzeit des Mittleren Neolithikums (ca. 5600–5000 v.Chr.) bis zum Ende der Jungsteinzeit (ca. 3000 v.Chr.). Abgesehen von der Tafel wurden zahlreiche weitere Fundstücke geborgen, wie z.B. Töpferwaren und die Überreste hölzerner Laufstege [4], Saatgut, Knochen, Figurinen, Schmuckstücke und Flöten.

Die Entdeckung der Tafel von Dispilio wurde im Februar 1994 auf einem Symposion der Universität Thessaloniki bekanntgegeben. Über die paläoökologischen Verhältnisse und die Botanik der Fundstelle sowie über die Fischfang-Techniken, Werkzeuge und Töpferwaren ihrer Bewohner gab es informelle Publikationen in der Ausgabe vom Juni 2000 der griechischen archäologischen zeitschrift Eptakyklos sowie von G. Hourmouziadis im Jahr 2002.

Die Tafel selbst wurde teilweise beschädigt, als sie bei ihrer Bergung dem atmosphärischen Sauerstoff ausgesetzt war, nachdem sie jahrtausendelang unter Luftabschluss im Schlamm und Wasser des Sees gelegen hatte. Sie ist noch immer Gegenstand von Konservierungs-Maßnahmen, und mit einer umfassenden wissenschaftlichen Publikation über sie ist offenbar erst nach deren Abschluss zu rechnen. [5]


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag basiert auf dem Lemma "Dispilio Tablet" bei Wikipedia - The Free Encyclopedia (Stand. 13. November 2016). Übertragung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung durch Atlantisforschung.de.

Fußnoten:

  1. Siehe: Yorgos Facorellis, Marina Sofronidou und Giorgos Hourmouziadis, "Radiocarbon dating of the Neolithic lakeside settlement of Dispilio, Kastoria, Northern Greece", in: Radiocarbon, Vol 56, Nr 2, 2014, p. 511–528, DOI: 10.2458/56.17456
  2. Red. Anmerkung: Zu weitaus älteren Proto-Schriften siehe bei Atlantisforschung.de: Ferdinand Speidel, "Prähistorische Schriftzeichen in Andalusien? - Deutliche Hinweise auf (Proto-)Schriften im paläolithischen Iberien" --- sowie: Reinhard Habeck, "Die 'unlesbaren' Schriften - Rätselhafte Glyphen der Vorzeit"
  3. Siehe: James Whitley, "Archaeology in Greece 2003–2004", in: Archaeological Reports No. 50 (2003, pp. 1–92), p. 43.
  4. Anmerkung: Laut James Whitley (2003:43) wurden ähnliche Laufstege auch auf den Somerset Levels Britanniens gefunden.
  5. Anmerkung: Zu einem Versuch der Entzifferung der Zeichen auf der Tafel von Dispilio siehe: Dispilio tablet deciphered – a proof of the oldest script in the world?, 18. November 2015, bei cogniarchae - A cognitive archaeology blogspot (abgerufen: 13. November 2016)

Bild-Quellen:

1) Yorgos Facorellis / Akhenaten0 bei Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: File:Dispilio signs.jpg
2) Vlas2000 bei Wikimedia Commons, unter: File:Macedonian Museums-16-Proistoriko Dispiliou-74.jpg