Virginia Steen-McIntyre

"Hueyátlaco ist ein gefährlicher Ort. Selbst die geologischen Evidenzen für sein hohes Alter öffentlich zu erwähnen, bedeutet, seine berufliche Karriere auf's Spiel zu setzen..." (Virginia Steen-McIntyre)

Kurzportrait

Abb. 1 Dr. Virginia (Ginger) Steen-McIntyre bezahlte für ihre wissenschaftliche Standhaftigkeit einen hohen Preis.

(red) Virginia ('Ginger') Steen-McIntyre B.A., M.S., Ph.D. (Abb. 1) (* 3. Dezember 1936 in Chicago) ist eine US-amerikanische Geologin (Fachgebiet: Tephrochronologie). Internationale Bekanntheit erlangte sie in fachwissenschaftlichen Kreisen sowie unter Verfechtern alternativer Ur-und Frühgeschichtsforschung durch ihre Jahrzehnte währende, engagierte Verteidigung der - z.T. von ihr selbst erbrachten - Paradigmen sprengenden Datierungen von Artefakten, die auf der archäologischen Fundstätte von Hueyátlaco in Mexiko entdeckt wurden. Diese Funde und ihre gesicherten Datierungen zeigen an, dass in Mittelamerika bereits vor ca. 250.000 bis 150.000 Jahren Menschen präsent waren.

Leben und Werk

Nachdem Steen-McIntyre 1955 den Besuch der Amundsen High School in Chicago erfolgreich abgeschlossen hatte, studierte sie Philosophie, Naturwissenschaften, Geologie und Pedologie. Am Augusta College, Rock Island, Illinois, erlangte sie im Jahr 1959 einen Bachelor-Grad BA), und sie graduierte 1965 (zum MS in Geologie) an der Washington State University. Weitere Studien unternahm sie an der University of Idaho, wo sie an ihrer Dissertation arbeitete. In Washington lernte sie David H. McIntyre (* 13. Juli 1936; † 15. Dezember 2012 [1]) kennen, der als Geologe für das Geological Survey tätg war. Im Jahr 1967 heirateten die beiden.

Abb. 2 Virginia Steen-Mcintyre Mitte der 1960er Jahre bei ihrer Arbeit an der Fundstätte von Hueyatlaco.

1966 wurde sie mit einige Kollegen - u.a. Harold E. Malde (1923–2007) - vom Geological Survey zur archäologischen Fundstätte Hueyátlaco am Valsequillo-Becken, im Süden der Stadt Puebla gesandt. Dort sollte das Geologen-Team, dessen Arbeit von der National Science Foundation gesponsort wurde, mit neuesten Methoden bei der Datierung zahlreicher Entdeckungen behilflich sein, die dort 1959 von dem mexianischen Archäologen Juan Armenta Camacho sowie - ab 1962 - von einer Gruppe von Archäologen unter Leitung von Cynthia Irwin-Williams (1936–1990) zu Tage gefördert wurden.

Zur Verblüffung aller beteiligten Wissenschaftler/innen ergab sich aus diesen und auch späteren Untersuchungen von Fundgut aus Hueyatlaco und anderen archäologischen Stätten im Bereich des Valsequillo-Beckens - Uran-Thorium-Datierungen von Knochen geschlachteter Tiere, Zirkon-Spaltspurdatierungen vulkanischer Strata über den artefakthaltigen Schichten, sowie Tephrahydrations-Datierungen vulkanischer Kristalle, die in den entsprechenden Schichten über den entdeckten Artefakten gefunden wurden, aber auch geologische Standard-Analysen zur Stratigraphie der Fundstätte(n) [2] - ein Alter von ca. 250.000 Jahren, was mit der universitär-fachwissenschaftlichen Lehrmeinung über die früheste Besiedlung Amerikas vor 20.000 - 12.000 Jahren sowie mit den gängigen Vorstellungen zum Zeitrahmen der Evolution des Homo sapiens völlig unvereinbar war.

Abb. 3 Zwei der Artefakte aus der Fundstätte von Hueyatlaco. Links (a): eine einseitig bearbeitete Steinklinge; rechts (b) ein schönes, doppelseitig bearbeitetes Exemplar

Kein Wunder, dass sowohl Archäologen als auch Paläo-Anthropologen zumeist wenig Neigung zeigten, sich ernsthaft mit diesen kontraparadigmatischen Befunden auseinander zu setzen. Also beschlossen Steen-McIntyre und ihre Team-Kollegen Harold E. Malde sowie Roald Fryxell, ins Gebiet des Valsequillo-Beckens zurückzukehren, wo sie ab 1973 ihre Arbeit bei Hueyátlaco erfolgreich fortsetzten. Weitere umfassende Analysen von vulkanischer Asche und Bims von der Ausgrabungsstätte selbst und aus der Umgebung bestätigten ihre früheren Resultate. Zudem ergaben auch die mittels Zirkon-Spaltspurdatierung erbrachten Untersuchungsergebnisse des Geochemikers Charles W. Naeser vergleichbare Ergebnisse: Die von ihm analysierten Proben der Asche aus Hueyátlacos fundreichen Strata datierte er auf ein Alter von 370.000 +/- 240,000 Jahren. [3] [4]

Die Bestätigung des 'anomalen' Alters der Funde von Hueyatlaco führte zunächst zum Bruch zwischen den 'Außenseitern' und Cynthia Irwin-Williams, einer "Establishment-Anthropologin mit [wissenschaftlichen] Graden von renommierten Schulen und einflussreichen Freunden im Osten" [5], die sich - augenscheinlich nicht ohne Grund um ihre weitere Karriere besorgt - auf Anraten ihrer Mentorin Hannah Marie Wormington von diesen Datierungen distanzierte. Deren Veröffentlichung bezeichnete sie als "unverantwortlich". [6] Stattdessen schlug sie für Hueyátlaco ein vergleichsweise 'harmloses' Alter von ca. 20.000 Jahren vor. Diese Angabe stand zwar im krassem Widerspruch zu den meisten geologischen Daten, wurde jedoch nachfolgend fast überall in der Fachliteratur übernommen.

Abb. 4 Ein Abschnitt der Fundstätte von Hueyátlaco. Trotz überwältigender geologischer Evidenzen, die ein extrem hohes Alter der dort entdeckten Artefakte bestätigen, verweigert sich der archäologische Mainstream nach wie vor einem überfälligen Paradigmen-Wechsel zur frühesten Besiedlung Amerikas durch den Menschen.

Tatsächlich hatte eine erste Bekanntgabe der unbequemen Forschungsergebnisse durch Malde und Fryxell auf einem Meeting der Geological Society of America bereits 'schlafende Hunde' geweckt: Der Druck auf die 'Hueyátlaco-Häretiker/innen' nahm nun stetig zu, und insbesondere Virginia Steen-McIntyre, der man es schon zuvor unmöglich gemacht hatte, wie geplant zu ihrer Arbeit bei Valsequillo zu promovieren, bekam den Ärger der 'Archäologen-Päpste' zu spüren: Schließlich war gerade sie es, die sich vehement für die (früh zugesagte, letztlich bis 1981 verschleppte) Publikation des Abschlussberichts [7] ihres Teams im Magazin Quaternary Research und für eine offene Diskussion der vorgelegten Ergebnisse einsetzte.

Während der späteren 1980er Jahre geriet die 'Causa Hueyatlaco' in der scientific community gänzlich in Vergessenheit, und Virginia Steen-McIntyres berufliche Karriere wurde regelrecht 'abgewürgt'. Dazu erklärte sie 1996 in einem Interview: "1973, als wir erstmals die Resultate unserer neuen Ausgrabungen und der Spaltspurdatierungen ankündigten, ging es mir noch prima. Ich hatte bereits eine gewisse internationale Reputation aufgrund meiner Grundlagenforschung zu vulkanischen Ascheschichten, eine breit gestreuten Korrespondenz mit Fachkollegen, einen Teilzeit-Job in einem regierungseigenen Laboratorium [...] und später eine Assistenz-Professur an der anthropologischen Fakultät einer staatlichen Universität. Heute ist das alles futsch. Mein jüngster Job war der einer Gärtnerin, die ein paar Tage pro Woche die Blumenbeete in einem lokalen Altersheim pflegte." [8]

Abb. 5 Dr. Virginia Steen-McIntyre in der NBC-Dokumentation The Mysterious Origins of Man - ein Auftritt, der ihr 1996 unverhofft zu einiger Bekanntheit bei einen großen, interessierten Fernsehpublikum verhalf.

Letztlich dauerte Steen-McIntyres wissenschaftliche Isolation bis zur Mitte der 1990er Jahre an, und wurde schließlich durch Vertreter der alternativen, außenseiterischen Vergangenheitsforschung 'aufgeweicht'. So wurde etwa Michael A. Cremo bei den Recherchen zu seinem 1993 erschienenen Bestseller "Forbidden Archaeology" auf sie aufmerksam, lernte sie persönlich kennen und berichtete nicht nur über sie und das Hueyátlaco-Dilemma der Mainstream-Archäologie [9], sondern öffnete ihr auch einige Türen. So konnte die Geologin 1994 einen kurzen Beitrag zu einer Folge der grenzwissenschaftlichen TV-Serie "Sightings" beisteuern, und 1996 ein größeres Segment für das NBC-Special "The Mysterious Origins of Man". [10]

Zwar sorgte dieser wichtige TV-Auftritt auch für giftige Kommentare seitens der wissenschaftlichen 'Orthodoxie' und 'Debunker'-Szene [11], brachte ihr selbst, ihren Forschungsergebnissen und ihren Anliegen aber erstmals ein großes Publikumsinteresse ein. In den Jahren 2004 und 2006 bestätigten dann zwei Studien des Biostratigraphen Sam L. VanLandingham [12] ihre Datierungen der Hueyátlaco-Funde. Und im Oktober 2008 erfuhr sie endlich die Genugtuung, auf einer Großveranstaltung der Geological Society of America persönlich einen Vortrag zum Valsequillo-Fundkomplex halten zu können. [13] Im Übrigen lieferte auf dieser Veranstaltung auch VanLandingham [14] einen weiteren Breitrag zu ihrer Unterstützung. Ähnlich auch Joseph Liddicoat, der dort paläomagnetische Untersuchungsergebnisse vulkanischer Aschen von Hueyátlaco präsentierte, die seiner Datierung nach aus der Zeit nach der so genannten Brunhes-Matuyama-Umkehr stammen und ca. 780.000 Jahre alt sind. [15] Damit dürfte Dr. Steen-McIntyre heute zumindest in Geologen-Kreisen als 'rehabilitiert' gelten.

Mitgliedschaften

Virginia Steen-McIntyre ist (oder war) Mitglied der Geological Society of Amerika, der International Association for Quaternary Research (INQUA) und der American Association for Quaternary Research. [16] Des weiteren ist sie Fellow - (FMES) - der US-amerikanischen Midwestern Epigraphic Society, und seit mehreren Jahren arbeitet sie mit der internationalen, alternativen Forschungsgemeinschaft The Pleistocene Coalition zusammen, wo man sich auch mit ihren Arbeiten zu den Funden von Hueyatlaco befasst [17], und ihr eine eigene provisorische Webseite eingerichtet hat.

Publikationen (Auswahl)


Anmerkungen und Quellen

Dieser Beitrag basiert auf dem Lemma "Virginia Steen-McIntyre" bei Wikipedia - Die freie Enzylopädie (Stand: 22. Juli 2016). Umfassende redaktionelle Bearbeitung und Ergänzung durch Atlantisforschung.de.

Fußnoten:

  1. Quelle: OrbitTree, unter: David H. McIntyre (Stand: 23. Juli 2016)
  2. Quelle: Michael A. Cremo, "The Forbidden Archeologist: The Atlantis Rising Magazine Columns of Michael A. Cremo", Torchlight Publishing, 2010, S. 79
  3. Siehe: Mark Owen Webb und Suzanne Clark, "Anatomy of an Anomaly", Disputatio No. 6, Mai 1999 (online als PDF-Datei; abgerufen: 22. Juli 2016)
  4. Quelle: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Hueyátlaco" (abgerufen: 23. Juli 2016)
  5. Quelle: Virginia Steen-McIntyre, "Suppressed Evidence For Ancient Man in Mexico", 1998; online im Mail Archive.com (abgerufen: 23. Juli 2016)
  6. Siehe: Mark Owen Webb und Suzanne Clark, op. cit. (1999)
  7. Siehe: Virginia Steen-McIntyre et al., "Geologic Evidence for Age of Deposits at Hueyatlaco Archeological Site, Valsequillo, Mexico," Quaternary Research, 16:1, 1981
  8. Quelle: Paul Williams Roberts, "WHAT'S WRONG WITH SCIENCE? - An Interview with: Virginia Steen - McIntyre, FMES , Idaho Springs, Colorado" (1969), in: MIDWESTERN EPIGRAPHIC JOURNAL, Volume 16, Number 1, 2002; nach: s8int.com (abgerufen: 20. Juli 2016; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  9. Siehe dazu: William R. Corliss, "The Hueyatlaco Dilemma", bei Science Frontiers, Ausgabe No. 21, Mai-Juni 1982
  10. Quellen: Virginia Steen-McIntyre, "Suppressed Evidence For Ancient Man in Mexico", 1998; online im Mail Archive.com --- sowie: Michael A. Cremo, "Virginia Steen-McIntyre and the Hueyatlaco Saga", in ATLANTIS RISING, No. 96, Nov/Dez. 2012 (beide abgerufen: 22. Juli 2016)
  11. Siehe z.B.: Frank Steiger, "Review of the NBC Television Show >The Mysterious Origins of Man<", 1996, bei The TalkOrigins (abgerufen: 24. Juli 2016)
  12. Siehe: Sam L. VanLandingham, "Corroboration of Sangamonian Age of Artifacts From the Valsequillo Region Puebla Mexico By Means of Diatom Biostratigraphy", Micropaleontology, Volume 50, No. 4, S. 313-342, 2004 --- sowie: Derselbe, "Diatom Evidence For Autochthonous Artifact Deposition In the Valsequillo Region Puebla Mexico During Sangamonian (sensu lato = 80,0000 to ca. 220,000 yr BP and Illinoian (220,000 to 430,000 yr BP)", Journal of Paleolimnology, Volume 36, Number 1, Pages 101-116, Jul 2006
  13. Siehe: Virginia Steen-Mcintyre, "A Review of the Valsequillo, Mexico Early-Man Valsequillo Archaeological Sites (1962-2004) with Emphasis on the Geological Investigations of Harold E. Malde" STEEN-MCINTYRE, Virginia C, Presentation at 2008 Geological Society of America Joint Annual Meeting Oct. 5-9, Houston, Texas
  14. Siehe: Sam L. VanLandingham, "Diatoms and Chrysophyte Cysts: Powerful Tools for Determining Paleoenvironment and Age of the Hueyatlaco Early Man Site, Puebla, Mexico"
  15. Siehe: Joseph C. Liddicoat, "Paleomagnetism of the Hueyatlaco Ash at Valsequillo, Mexico", Geological Society of America Abstracts with Programs, Vol. 40, 2008, No. 6, p. 241
  16. Siehe: Virginia Steen-Mcintyre, "A Manual for Tephrochronology, Collection, Preparation, Petrographic Description and Approximate Dating of Tephra", Colorado State University, 1977, S. 196
  17. Siehe: The Pleistocene Coalition, unter: Virginia Steen Mcintyre

Bild-Quellen:

1) Palaeontologica Electronica -> Harold E. Malde, Virginia Steen-McIntyre, Charles W. Naeser, and Sam L. VanLandingham, "The stratigraphic debate at Hueyatlaco, Valsequillo, Mexico", unter: Virginia Steen-McIntyre
2) Bild-Archiv Michael A. Cremo (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
3) Foto: Dr. Cynthia Irwin-Williams / H.S. RiceFernando Calvo); nach: Terra Mystica, 02.03.2015, unter: "Mensch besiedelte Amerika schon vor 250.000 Jahren" (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
4) Bild-Archiv Michael A. Cremo (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
5) NBC, "The Mysterious Origins of Man"; nach: John Blanton, Skeptical Analysis, 21. August 2014, unter: "NBC’s Mysterious Origins of Man"