Golf von Gabés

von Tony O’Connell

Abb. 1 Eine Karte der Region der Schotts (schwarz umrandet) in Nordwestafrika. Blau eingefärbt sind hier die von François Roudaire (Foto links oben) geplanten Kanal-Abschnitte, durch deren Flutung ein über den Golf von Gabés mit dem Mittelmeer verbundenes Binnenmeer entstehen sollte.

Der Golf von Gabés an der Ostküste Tunesiens war früher als Syrtis Minor (Kleine Syrte) bekannt. Heute birgt er die tunesischen Ölreserven. Er weist die Besonderheit auf, dass er eines der wenigen signifikanten Gezeitengebiete (maximal ca. 2,44 m) im Mittelmeer darstellt, wobei bei Ebbe ausgedehnte Sandbänke freigelelegt werden [1].

Landeinwärts vom Golf liegen die Salzmarschen oder Schotts, die ursprünglich ein Binnenmeer - möglicherweise auch den Tritonis-See - darstellten und mit dem Mittelmeer verbunden waren. Aufgrund einer seismischen Umwälzung wurde jedoch eine Schwelle geschaffen, die sie vom Außenmeer trennte. Ein vergleichbares Ereignis war das Erdbeben in Fukushima 2011, bei dem der Meeresboden 16 Meter vertikal und 50 Meter seitlich verschoben wurde [2].

Im 19. Jahrhundert schlug François Roudaire vor, einen Kanal vom Golf von Gabés in die Schotts zu graben, um das frühere Binnenmeer wiederherzustellen [3].

Sein Plan wurde von Ferdinand de Lesseps (1805-1894) unterstützt, der den Suezkanal entwickelte. Als Roudaire jedoch das dem Meer am nächsten gelegenen Schott el Dscherid untersuchte, stellte er fest, dass dieses tatsächlich deutlich über dem Meeresspiegel lag. Dies zwang ihn, den Umfang des Plans zu überarbeiten, was wiederum zu einer Abnahme der Unterstützung für das Projekt führte, das schließlich aufgegeben wurde. [4]

Es ist interessant, dass die Idee, ein riesiges Binnenmeer in der Sahara zu schaffen, im Kontext des gegenwärtigen Klimawandels wieder aufgegriffen wurde [5], der, wenn er nicht eingedämmt wird, den Meeresspiegel dramatisch ansteigen lässt. Das Ziel dieser neuen Binnensee wäre es, diesen Anstieg des Meeresspiegels teilweise auszugleichen.

Férréol Butavand war einer der ersten, der Atlantis im Golf von Gabés lokalisiert hat [6]. Dr. Paul Borchardt, ein deutscher Geograph, behauptete 1929, Atlantis habe zwischen den Schotts und dem Golf gelegen. Dr. Anton Mifsud hat die Aufmerksamkeit auf die Schriften des griechischen Autors Palefatus von Paros [7] [8] gelenkt, der feststellte (Kap. 32), dass sich die Heraklessäulen in der Nähe der Insel Kerkenna befanden, am westlichen Ende der Syrtis Minor.

Alberto Arecchi knüpft an die frühere Arbeit von Butavand an und platziert Atlantis dezidiert [zu einer Zeit; d.Ü.] am Golf [9], in welcher der Meeresspiegel infolge einer Landenge, die das östliche vom westlichen Mittelmeer trennte, viel niedriger gewesen sei.

George Sarantitis lieferte drei Beiträge zur Atlantis-Konferenz 2008, wobei er auch die Säulen des Herakles im Golf von Gabés lokalisierte, der zum 'Atlantischen Meer' im modernen Tunesien und Algerien, südlich des Atlasgebirges, und zum Standort von Atlantis geführt habe.



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Anmerkungen und Quellen

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Dieser Beitrag von Tony O’Connell (©) wurde seiner atlantologischen Online-Enzyklopädie Atlantipedia.ie entnommen, wo er am 29. Mai 2010 unter dem Titel "Gabés, Gulf of" erstveröffenlicht und nachfolgend weiter ausgebaut wurde. Übersetzung ins Deutsche und redaktionelle Bearbeitung nach dem Stand vom 26. Dezember 2019 durch Atlantisforschung.de.

Fußnoten:

  1. Siehe: Encyclopedia Britannica, unter: "Gulf of Gabes" (abgerufen: 26. Dez. 2019)
  2. Siehe: Mark Fischetti, "Fukushima Earthquake Moved Seafloor Half a Football Field - The massive shift, laterally and upward, caused the epic March 2011 tsunami", 1. Dezember 2011, bei Scientific American (abgerufen: 26. Dez. 2019)
  3. Siehe: Frank Jacobs, "France's Failed Attempt to Turn the Sahara Desert into a Fertile Sea - Jules Verne used the failed project as inspiration for his last adventure novel", 01. August 2013, bei bigthink.com (abgerufen: 26. Dez. 2019)
  4. Red. Anmerkung: Zu diesem und anderen historischen Plänen, ein 'saharisches Binnenmeer der Moderne' zu erschaffen, siehe: Wikipedia - The Free Encyclopedia, unter: "Sahara Sea" (abgerufen: 25. Dezember 2019)
  5. Siehe: Richard B. Cathcart, "Emancipatory Oceanic Macro-engineering: A “New Atlantis” in 21st Century Tunisia-Algeria?", The World Development Federation - Global Super Projects Conference, November 2001 (archiviert bei Atlantipedia.ie; abgerufen: 26. Dezember 2019)
  6. Siehe: Férréol Butavand, "La Veritable Histoire de L’Atlantide" (Die wahre Geschichte von Atlantis), Paris (Etienne Chiron), 1925
  7. Red. Anmerkung: Bei "Palefatus" handelt es sich offenbar um eine antiquierte deutsche Schreibweise von "Palaiphatos" oder "Palaephatus", wie ein Blick ins 2003 im Verlag Walter de Gruyter erschienene "Lexikon der antiken Gestalten in den deutschen Texten des Mittelalters" von Manfred Kern, Alfred Ebenbauer und Silvia Krämer-Seifert zeigt. Siehe darin: (Namensregister), S. 705
  8. Red. Anmerkung: Siehe von Palaephatus (vermutl. ein Schüler des Aristoteles) auch: "Die Wahrheit über die griechischen Mythen: Palaiphatos' "Unglaubliche Geschichten" : Griechisch / Deutsch", Reclam, 2002 - 149 Seiten
  9. Siehe: Lu Paradise, "BACKWARD TO ATLANTIS – An extraordinary trip in the ancient Mediterranean World", 18. Mai 2014, bei ANCIENT PATRIARCHS (abgerufen: 26. Dezember 2019)