Ohio

Ein Trip in die präkolumbische Vergangenheit des US-amerikanischen Mittelwestens

Abb. 1 Oben: Die geographische Lage Ohios in den USA. Unten: Eine von E.G. Squier (1821-1888) angefertigte Skizze der gewaltigen festungsähnlichen Anlage 'Fort Hill' im Highland County, Ohio

(red) Das Gebiet des heutigen US-Bundesstaates Ohio im Norden des amerikanischen Mittelwestens (Abb. 1, oben) ist für all jene von besonderem Interesse, die sich nicht nur für die faszinierende präkolumbische Vergangenheit Nordamerikas im Allgemeinen, sondern insbesondere für - vom Blickpunkt der Mainstream-Wissenschaft aus gesehen - alternative, nonkonformistische oder deviante Ansätze zur Beantwortung ungeklärter bzw. nur scheinbar geklärter Fragen bezüglich der Prä- und Protohistorie des nördlichen Amerika.

Im Zentrum dieses großen Interesses stehen naturgemäß die Kulturen der so genannten 'Mound-' oder 'Erdhügelbauer' (Moundbuilders) und deren Hinterlassenschaften, auf welche die modernen Europäer bei ihrer Landnahme im 18. und 19. Jahrhundert gerade in Ohio zu Hunderten stießen. Zu diesen archäologischen Relikten, die nachfolgend leider zumeist völlig oder zumindest teilweise zerstört wurden, gehören oder gehörten in Ohio so bedeutende Anlagen, wie 'Fort Hill' (Abb. 1, unten) im Highland County, der 'Große Mound' bei Chillicothe im Ross County sowie der berühmte Great Serpent Mound im Adams County.

Die im altertümlichen Ohio, aber u.a. auch in den angrenzenden heutigen Bundesstaaten Pennsylvania, im West Virginia, Kentucky und Indiana ansässigen Erbauer dieser Anlagen waren Angehörige einer Adena genannten Kultur sowie der in Ohio und im Tal des Mississippi verbreiteten, sehr heterogenen Hopewell-Kultur. [1] Der Übergang von der Kultur der Adena, welche auf ca. 1000 v.d.Z. und 200 n.d.Z. datiert wird, und jener von Hopewell (ca. 300 v.d.Z. bis 500 n.d.Z.), die z.B. im Gebiet der heutigen Städte Marietta, Newark (Abb. 2) und Circleville höchst beachtliche Erdwerke hinterließ, verlief anscheinend fließend.

Insbsondere in Hinsicht auf die weitaus ältere Adena-Kultur stellt sich zumindest aus dem Blickwinkel alternatver Forschung die Frage nach den Umständen von Entstehung und Entwicklung der Moundbauer. Während konventionelle Altamerikanisten von einer vergeichsweise isolierten, mit der Woodland-Periode beginnenden Entwicklung ausgehen, vermuten Anhänger des Diffusionismus auch wiederholte bzw. anhaltende kulturelle Infusionen und Transfusionen durch Besucher und Immigranten aus der 'Alten Welt'.

Abb. 2 Eine - ebenfalls von Squier erstellte - Skizze der komplexen Erdwerke beim heutigen Newark im Licking County, wie sie sich noch Mitte des 19. Jahrhunderts darboten

Die Evidenzen für solche interkontinentalen Kontakte reichen weit zurück bis in die späte Altsteinzeit. Stelios Grant Pavlou bemerkt dazu: "Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert gab es in Ohio Entdeckungen altertümlicher Werkzeuge, die Gemeinsamkeiten mit Handäxten aufwiesen, welche im alten Europa gefunden wurden. Im späten 20. Jahrhundert wurden bei Ausgrabungen im Sheriden Cave neben ausgetorbenen Tieren [d.h. deren Überresten; d.Red.] prähistorische Werkzeuge entdeckt, welche Gemeinsamkeiten mit den uralten Solutréen- und Clovis-Kulturen [...] zeigten." [2]

Unterstützung findet die Annahme vorkolumbischer Kontakte zwischen Menschen aus der 'Alten' und der 'Neuen Welt' auch durch neue Erkenntnisse aus dem Bereich der Genetik: "Die alte Haplogruppe X, die in Europa und dem Mittleren Osten gefunden wurde, hat man auch in der Nähe Ohios und der Großen Seen in uralten [menschlichen] Überresten festgstellt. Die Leute von Gamla in Sandinavien [Gamla Uppsala ist eine altschwedische Siedlung mit bedeutenden Hügelgräbern. d. Red.] haben die gleichen Haplogruppe X-Marker, wie sie auch in alten [menschlichen] Relikten bei den Großen Seen und im Tal des Ohio River gefunden wurden. Die Adena-Mounds, die in Ohio gefunden wurden, sollen alten Erdwerken in Südschweden ähneln." Allerdings bemerkt er zudem vorsichtig: "Doch eine Reihe von Gelehrten, welche die DNS-Beweise studiert haben, glauben, dass dies keine genetische Verbindung zwischen alten Nordamerikanern und Europäern anzeigt." [3]

Abb. 3 Darstellung eines 'Riesen' der Adena-Kultur im Vergleich mit einem durchschnittlich großen Prärie-Indianer (Graphik © Micah Ewers)

Bei allem Respekt vor den betreffenden Gelehrten ist dazu in aller Deutlichkeit anzumerken, dass wohl kaum ein Fachwissenschaftler irgendwelche Verbindungen "zwischen alten Nordamerikanern und Europäern" einräumen wird, dem seine weitere Berufskarriere nicht völlig gleichgültig ist. Immerhin stellt der altamerikanistische Isolationismus seit vielen Jahrzehnten ein veritables Dogma dar. Dazu stellte bereits 1915 Prof. G. Elliot Smith im Rahmen einer, in der naturwissenschaftlichen Fachzeitschrift Nature geführten, Diskussion zur Frage derartiger präkolumbischer Verbindungen [4] in einem Brief an die Redaktion fest, die meisten Altamerikanisten hielten "die ethnologische >Monroe-Doktrin<" hoch, "welche [...] gebietet, das alles Amerikanische den Amerikanern gehört und auch gänzlich dort erfunden sein muss." [5] Der US-amerikanische Paläoanthropologe Earnest A. Hooton, der bei anderer Gelegenheit im selben Kontext ebenfalls das Bild der 'Monroe-Doktrin' verwendete, hob hervor, in wissenschaftlichen Kreisen der USA tendiere man dazu, hinsichtlich amerikanischer Urgeschichte bereits "Andeutungen fremder Einflüsse als Akt der Aggression zu betrachten." [6] [7]

Unter diesen Umständen kann es kaum verwundern, dass selbst altbekannte sozio-kulturelle Übereinstimmungen zwischen den Adena-Leuten und den Angehörigen der europäischen Glockenbecher- und Schnurkeramiker-Kulturen, strukturelle Übereinstimmungen zwischen alt- und neuweltlichen Erdwerken und anderen Anlagen - z.B. zwischen dem bereits erwähnten Great Serpent Mound im Süden Ohios, dem Serpent Mound in der schottischen Grafschaft Argyll und anderen Erdwerken Britanniens sowie zwischen den Anlagen von Portsmouth, ebenfalls Ohio, und Avebury in Wiltshire, England - [8], aber auch seltene archäologische Einzelfunde, wie die 1910 gemeldete Entdeckung einer (ca. 800 v.d.Z. geprägten) hebräischen Münze in (!) einer präkolumbischen Grabstätte im Clark County [9] hartnäckig ignoriert werden.

Abb. 4 Eine Skizze des nordöstlichen 'Ballungs-Raums' der rätselhaften prähistorischen Riesen Nordamerikas in und bei Ohio nach Steve Quale. Womöglich erstreckte sich dieser Raum noch weiter nach Norden, bis in die kanadische Provinz Ontario hinein.

Ähnlich ausgeprägt ist die schulwissenschaftliche 'Erkenntnis-'Resistenz' auch in Hinsicht auf die prähistorischen, augenscheinlich zwischen knapp 2, 20 m und annähernd 2, 50 m, bisweilen sogar mehr als 2, 80 m großen Riesen Nordamerikas, deren vormalige Existenz in akademischen Fachkreisen trotz eines ständig anwachsenden Berges von Evidenzen - vor allem in Form historischer Berichte über Entdeckungen entsprechender Skelettreste - nach wie vor geleugnet wird. [10] Auch was diese rätselhaften 'Menschen mit Übergröße' betrifft - bei denen es sich keinewegs um indivduelle Einzelfälle handelte, wie sie auch in der Gegenwart zu beobachten sind, sondern um ein massives anthropologisches Phänomen - ist Ohio von großer Bedeutung. Dort und in den Grenzgebieten der umgebenden US-Bundesstaaten (Abb. 4) sowie Kanadas, das nördlich von Ohio liegt, befand sich auch eines der Zentren der nordamerikanischen Giganten. Dass es zwischen ihnen und den dortigen Moundbauern, im Wesentlichen zu den Adena, enge Beziehungen gab, erscheint angesichts der in den Berichten beschriebenen Fundsituation und Details klar. [11] Welcher Art diese Beziehungen genau waren, was für Ursachen das Phänomen hatte, und ob - bzw. in welchem Umfang - auch in diesem Zusammenhang transozeanische präkolumbische Kontakte eine Rolle spielten, lässt sich derzeit noch nicht zufriedenstellend bestimmen.

Abschließend nun noch ein paar kurze Anmerkungen in Sachen 'Ohio und Atlantis'. Natürlich geht heute im Bereich der Atlantisforschung niemand mehr von der im 19. Jahrhundert populären Vorstellung aus, es habe eine massenhafte Kolonisation Amerikas durch Bewohner einer Atlantis im Atlantik stattgefunden; und diese 'Atlantiner' bzw. deren Nachfahren hätten auf dem Doppelkontinent Kulturen wie jene der Maya und Moundbauer gegründet. Immerhin gibt es mit Frank Joseph zumindest einen Autor, der die Annahme vertritt, Flüchtlinge von einer zestörten bronzezeitlichen Atlantis sowie deren Nachkommen seien durch Nordamerika gewandert, wo sie auch bei den amerinden Bewohnern des Ohio-Tals kulturelle Transfusionen bewirkten. [12]

Darüber hinaus existiert sogar eine atlantologsche 'Ausreißer'-Hypothese - 1980 von dem damaligen Anthropologie-Studenten Jackson Judge vorgstellt [13] -, in der Atlantis tatsächlich in Ohio lokalisiert wird! Diese äußerst skurrile, aber zumindest unterhaltsame Hypothese, die u.a. mit der Annahme vom Mars auf die Erde eingewanderter "Schlangengötter" als "Könige von Atlantis" operiert, stellen wir bei Atlantisforschung.de in Form eines von uns übersetzten und kommenterten Auszugs aus einem Artikel von Stel Pavlou [14] erstmals in deutscher Sprache vor.


Beiträge zum Thema 'Ohio' bei Atlantisforschung.de

Mounds und andere Anlagen:

Zu Atlantis:

Zu den Riesen der Vorzeit:


Anmerkungen und Quellen

Fußnoten:

  1. Anmerkung: Ebenfalls zu den Moundbauern Ohios gehörte die so genannte 'Fort Ancient-Kultur, deren Angehörge im Süden des heutigen Staates sowie in angrenzenden Gebieten des nördlichen Kentucky, des südöstlichen Indiana und des westlichen West Virginia ansässig waren. Diese Kultur existerte zwischen etwa 1000 und 1750 n.d.Z..
  2. Quelle: Stelios Grant Pavlou, "USA, Ohio", 17. April 2016 (jüngste Bearbeitung), bei atlantipedia.com (abgerufen: 23. Feb. 2017; Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  3. Quelle: ebd.
  4. Siehe: Nature, 25. November 1915; 16. Dezember 1915; 27. Januar 1916
  5. Quelle: Grafton Elliot Smith (1871-1937), zitiert nach: Donald Alexander Mackenzie, "Myths of Pre-Columbian America", Courier Corporation, 1923, S. 33 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  6. Quelle: E.A. Hooton, zit. nach: Karl E. Meyer, "Was there a pre-Columbian melting-pot? TERRA-COTTA FACES ACROSS THE SEA", in: LIFE, 16. Okt. 1970 (Übersetzung ins Deutsche durch Atlantisforschung.de)
  7. Siehe aus jüngerer Zeit auch: James P. Scherz, "America's Pre-Columbian Monroe Doctrine", Madison, 2001
  8. Siehe einführend zu all dem: Jason Jarrell und Sarah Farmer, "Ancient Earthworks of North America suggest pre-Columbian European contact", 2. Juli 2015, bei ANCIENT ORIGINS - Reconstructing the story of humanity's past
  9. Quelle: o.A., "BUCKEYE NEWS" (Rubrik), in: The Greenville Journal, 22. Dez. 1910; nach: CHRONICLING AMERICA - Historic American Newspapers, unter: The Greenville Journal., December 22, 1910, Image 3; siehe dazu bei Atlantisforschung.de: "Riesenfunde - in Ohio (IV)" (bb)
  10. Siehe dazu bei Atlantisforschung.de: Bernhard Beier, "Riesen in Nordamerika: (K)ein Streitpunkt für Archäologen?"; sowie: Derselbe, "Riesen im prähistorischen Nordamerika - Indizien und Belege"
  11. Siehe dazu bei Atlantisforschung.de: Bernhard Beier, "Riesenfunde - in Ohio"
  12. Siehe: Frank Joseph, "The Destruction of Atlantis: Compelling Evidence of the Sudden Fall of the Legendary Civilization", Inner Traditions / Bear & Co, 2004
  13. Siehe: Jackson Judge, "The Keys to Atlantis: Mound Builder-Texts, Tombs, Temples: The Future of Ancient Science", Indiana University: Academic Thesis, 1980
  14. Siehe: Stelios Grant Pavlou, "USA, Ohio", 17. April 2016 (jüngste Bearbeitung), bei atlantipedia.com (abgerufen: 25. Feb. )

Bild-Quellen:

1) Oben: Wapcaplet (Uploader) / Huebi~commonswiki (Bearbeitung) bei Wikimedia Commons, unter: File:Map of USA OH.svg (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
1) Unten: E.G. Squier, in: William Corless Mills, "Archaeological Atlas of Ohio", Columbus, Ohio, 1914, S. 36 (online bei Archive.org; Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
2) E.G. Squier, nach: Heironymous Rowe bei Wikimedia Commons, unter: File:Newark Works Squier and Davis Plate XXV.jpg (Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)
3) Micah Ewers (Urheber); Bild-Archiv Atlantisforschung.de
4) Steve Quayle (alte Webseite - nicht mehr online; Bild-Bearbeitung durch Atlantisforschung.de)